Landeshauptstadt: Zwischen Lego-Zug und Fruchtbatterie Ernste Schülerprojekte
und viel Spaß für Kinder
Stand:
und viel Spaß für Kinder Von Giuseppe Pitronaci Auf einem Stand ist ein Apfel an einen programmierbaren Taschenrechner angeschlossen. „Eine Fruchtbatterie“, erläutert Abiturient Sebastian Winter von der Marie-Curie-Schule in Wittenberge. Mit weiteren Schülern des naturwissenschaftlich orientierten Gymnasiums möchte er zeigen, wie mit modernster Computertechnologie die Gestaltung des Unterrichts bereichert werden kann. Aber es gibt nicht viele Neugierige an den Ständen der „Werkstatt Zukunft“ auf dem Brandenburg-Tag. Hier suchen Schülerprojekte aus dem ganzen Land den Kontakt zum Publikum. Auch die Voltaire-Gesamtschule aus Potsdam, die das neue Schulfach „Medien und Kommunikation“ eingeführt hat. Am entsprechenden Stand ist zu erfahren, wie die Schüler unter anderem eine eigene CD-ROM zum Thema „Utopie“ erstellen. Neben den Schaubuden präsentieren sich alle Initiativen auch einzeln auf einer Bühne. Die verhaltene Resonanz führen viele auf die Lage abseits der Straße zurück. Oder auf die Thematik. „Es ist nicht das massenwirksamste Projekt“, sagt Sebastian zu seinem Stand mit Apfelbatterie und Computertechnik. Und ist doch selber ganz begeistert davon: „Man könnte auch einen Kondensator anschließen und dann die Entladungskurve aufzeichnen.“ Doch auch die anderen ambitionierten Schülerprojekte hatten es nicht leicht angesichts „massenwirksamerer“ Angebote. An der Breiten Straße gab es ausgedehnte Plätze für Hockeyspieler und Rollschuhfahrer. Nicht nur hier war der Pegel der akustischen Begleitung Disco-kompatibel. In einem Zelt boten einige Firmen Information für Jugendliche zur Berufsausbildung an. Gewählt werden konnte etwa zwischen Barmer, S-Bahn und Rolls Royce. Bei den Kinderveranstaltungen war die Absicht eines breiten Angebots auf dem Brandenburg-Tag erkennbar. Ein Maskenbildner machte aus aufgeregten Kindergesichtern Micky-Maus-Köpfe. Auf der Freundschaftsinsel durfte man für fünf Euro aufs Bungee-Trampolin. Bei „Fang den Elefanten“ musste der Rüssel eines Stoffelefanten mit Ringen getroffen werden, drei Versuche zehn Cent. Daneben boten Jugenderholungseinrichtungen an, Eulen zu basteln. Aus Tannenzapfen und Körnern. Ausschließlich rosafarbene Puppenwagen mit hohem Plastikanteil hingegen gab es bei der „Puppenwagen-Rallye“, die von einem Spielzeuganbieter gesponsert wurde. Viel Spaß hatten die Kleinsten am Stadtkanal. Dort stand Deutschlands größte Lego-Bahn, auf einer Fläche mit der Landkarte von Brandenburg und Berlin. Sponsor war die Deutsche Bahn, die sich ursprünglich unschlüssig war, ob den Kindern das Spielen auf der Fläche erlaubt werden sollte. Die Erbauer der Bahn, vom Büro „design b" aus Buschow, setzten sich dafür ein. So ließen etliche Kinder Lego-Loks zwischen den Bahnhöfen Frankfurt und Jüterbog tuckern. Wie zum Beispiel der zweijährige Noah. „Wo ist mein Zug“, fragt er jedes Mal, wenn er ihn aus dem Auge verloren hat. „Über der Brücke, Noah. Über der Brücke!“, ruft sein Vater. Doch da ist Noahs Zug schon in einem Crash neben dem Fernsehturm in Berlin verwickelt. „Ich möchte am liebsten auch auf die Platte“, sagt Werner Olszewski mit glänzenden Augen. Doch da das Betreten nur Kindern von drei bis zwölf Jahren erlaubt ist, bleibt dem 66-jährigen Rentner nur das Zuschauen. Der ehemalige Werkunterricht-Lehrer aus Hoppegarten hat früher selbst Spielzeug gebaut. Weniger Andrang herrscht am Stand der „Schweißwarzen“ vom Friedrichsgymnasium in Frankfurt. Die Projektgruppe zum Thema „Schule ohne Rassismus“ hat schon mehrere Preise gewonnen für ihr Engagement. Sie wurde auch zur „Werkstatt Zukunft“ eingeladen. Mit der relativ geringen Resonanz hatte man hier gerechnet: „Viele kommen zu diesem Fest, um Spaß zu haben. Unser ernstes Thema passt nicht so gut hierhin“, meint der 17-jährige Thomas Kantrowitz von den „Schweißwarzen“. Er findet die Leute auf dem Fest „ganz nett“. Aber allzu lange wird er selbst wohl nicht bleiben. Der Brandenburg-Tag ist ihm zu kommerziell.
Giuseppe Pitronaci
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