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Landeshauptstadt: Zwischen Leserpost und CNN Der Journalist Frederik Pleitgen über die Vorteile und Gefahren eines Bürger-Journalismus

Innenstadt - Eine Beschwerde über nicht geräumte Gehwege eines Potsdamers in der Leserpost oder ein Jubel-Video über Barack Obamas Präsidentschaftsantritt – mögen auch die Themen unterschiedlich sein, die Beweggründe der Absender liegen gar nicht so weit voneinander entfernt. Die Teilnahme von Bürgern am Journalismus ist diesseits wie jenseits des Atlantiks ein Thema, wie Frederik Pleitgen, seit 2007 CNN-Büroleiter des Deutschland-Dependance des amerikanischen Nachrichtensenders, am Donnerstagabend deutlich machte.

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Innenstadt - Eine Beschwerde über nicht geräumte Gehwege eines Potsdamers in der Leserpost oder ein Jubel-Video über Barack Obamas Präsidentschaftsantritt – mögen auch die Themen unterschiedlich sein, die Beweggründe der Absender liegen gar nicht so weit voneinander entfernt. Die Teilnahme von Bürgern am Journalismus ist diesseits wie jenseits des Atlantiks ein Thema, wie Frederik Pleitgen, seit 2007 CNN-Büroleiter des Deutschland-Dependance des amerikanischen Nachrichtensenders, am Donnerstagabend deutlich machte.

Pleitgen, Sohn des einstigen WDR-Intendanten Fritz Pleitgen, berichtete im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Gebrauchsanleitung für deutsche Medien“ von der Rosa-Luxemburg-Stiftung über die Erfahrungen des Bürgerjournalismus beim CNN. Das Potsdamer Publikum im Alten Rathaus indes war für Bürgerjournalismus offen, blieb jedoch kritisch gegenüber möglichem Missbrauch.

Frederik Pleitgens Redefluss ist ähnlich ausgeprägt wie der seines Vaters. Wortreich befürwortete er die Beteiligung von „ungelernten“ Journalisten, um Themen- und Ideenvielfalt in den Medien zu fördern. „Natürlich muss die alte Form des Journalismus beibehalten werden. Bürgerjournalismus kann zusätzlich eingebunden werden.“

Mehr noch: Gegen die Beteiligung des einst passiven Publikums sei sowieso nichts zu machen. Das Internet biete alle Möglichkeiten, sich einzubringen. „Also was sollen Journalisten machen? Dem keinen Wert beimessen, weil es Nachrichten sind, die von Unausgebildeten kommen? Oder nicht doch eher nutzen, weil es Nachrichten sind, die die Menschen bewegen?“ Pleitgen empfiehlt, die Entwicklung ernst zu nehmen und diese Menschen „zu nutzen“. Die Medien sollten die Herausforderung annehmen. Ein ausgebildeter Journalist werde deshalb nicht überflüssig, glaubte Pleitgen.

Der Journalist verwies auf das CNN-Projekt I-Report, das Internetnutzer aufruft, über Geschehnisse zu berichten – mittels Video- oder Radiobeitrag oder eines schriftlichen Berichts. „Nicht nur bei Obamas Wahlfeier haben wir von diesen persönlichen Berichten profitiert. Auch aus Ecken der Welt, in denen der Sender nicht vertreten ist, kommen so Informationen, die relevant sein können.“ Bei wirklicher Bedeutung werden die Beiträge auch in das offizielle Fernsehprogramm übernommen.

Das Potsdamer Publikum nahm sich jedoch vor allem der Gefahren an, die durch Bürgerjournalismus drohen können. Die Gefahr der Instrumentalisierung von Medien konnte Pleitgen zumindest aber im Fall von CNN ausräumen. So achte eine eigene Redaktion darauf, dass die Berichte wahrheitsgetreu sind, alles werde gegenrecherchiert. Auch die Ausgewogenheit der Berichte werde geprüft, so Pleitgen. Ferner siebe eine externe Agentur schon im Vorfeld illegale Inhalte aus.

Auch die Gefahr, dass Medien ihre Programme aus Einsparungsgründen immer stärker durch Bürgerjournalisten bestreiten könnten, befürchtete ein Teil des Publikums. „Natürlich ist die Kostenfrage eine latente Gefahr“, so Frederik Pleitgen. „Aber ich glaube, dass bei den Menschen immer ein Bedürfnis existiert, guten Journalismus zu bekommen.“ Letztlich sei auch eine Zeitungsseite voller Leserbriefe Bürgerjournalismus, die die Zeitungsredaktion bislang auch nicht überflüssig gemacht habe, so Pleitgen. KG

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