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Klavierschülerin Hanna Stolle und Musikschulleiterin Heike Lupuleak (r.). „Man muss die Kinder lieb haben, dann kommt man auch gemeinsam durch die schwierige Zeit der Pubertät“, sagt die Klavierlehrerin Lupuleak.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Zwischen Tradition und Youtube

Die Städtische Musikschule Johann Sebastian Bach feiert ihren 60. Geburtstag mit einer Festwoche

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Innenstadt/Stern - Mit dem Zeitgeist gehen – das ist vielleicht die größte Herausforderung für Heike Lupuleak, Leiterin der städtischen Musikschule Johann Sebastian Bach. Die veränderten Hörerfahrungen ließen die Kinder immer häufiger denken: „Ich kann das nicht“, sagt die Klavierlehrerin anlässlich eines Rückblicks auf 60 Jahre Musikschule. „Also machen wir im Kinderchor nicht Liederabende, sondern Musical!“, sagt sie.

Der pädagogische Ansatz hat sich in den sechs Jahrzehnten seit 1952 öfter gewandelt: Begonnen wurde mit 200 Schülern als eine Art Volksmusikschule mit einem Monatsbeitrag von zwei D-Mark. Ein staatlich verordneter Paradigmenwandel resultierte in der Bezirksmusikschule mit einheitlichen Lehrplänen und Prüfungen. Vor allem die Elite wurde gefördert, die Breite blieb oft auf der Strecke. „Mit der Wende kam die Angst vor der Abwicklung, bevor uns die Stadt übernahm“, erinnert sich Lupuleak.

Endlich konnten neue Ideen umgesetzt werden, erstmals gab es Gruppenunterricht, elementare Musikpädagogik war der Renner. 1994 zog die Musikschule in das Haus in der Jägerstraße. Erst im August 2011 wurde Haus 2 am Campus Stern eröffnet, ein hochmoderner, exzellent ausgestatteter Komplex mit klimatisiertem Saal und Bandprobenräumen, der schwerpunktmäßig für innovative Projekte genutzt werde, während der Altbau in der Jägerstraße traditionell für die klassischen Werte stehe, so die Lehrerin, die seit 29 Jahren Klavier unterrichtet.

Knapp 2000 Schüler sind an der Musikschule eingeschrieben, 30 angestellte Lehrkräfte erteilen zwei Drittel des Unterrichts, dazu kommen 56 Honorarkräfte. Jährlich schießt die Stadt knapp 1,3 Millionen Euro dazu, vom Land kommen 200 000 Euro. Das ermöglicht der Musikschule niedrigere Unterrichtsgebühren als auf dem freien Markt, fast 25 Prozent liegen die freien Schulen mit ihren Preisen in Potsdam darüber – und können trotzdem, was die Schülerzahlen betrifft, mithalten. So hat der Musikschulriese Bertheau & Morgenstern mit laut eigenen Angaben 2500 Schülern die städtische Musikschule bereits überholt.

Diese kann allerdings mit Ermäßigungen für Kinder aus sozial schwachen Familien punkten. Auch durch Kooperationen mit Grundschulen wird versucht, die Kinder wieder an das elementare Musikinstrument, die eigene Stimme, heranzuführen – der erste Schritt zum Musikmachen.

Wer sich entscheidet, ein Instrument zu erlernen, dem stehen viele Ensembles offen. Auch dort hat sich der neue Zeitgeist eingeschlichen: Es gibt diverse Bands, und das Jugendsinfonieorchester spielt „Fluch der Karibik“, benennt Lupuleak Beispiele. Auch sie musste schon ran und bei Youtube „so moderne Sachen“ raussuchen und für ihre Schüler arrangieren: „Braucht zwar mehr Vorbereitungszeit – aber das mach’ ich eben.“

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