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Kultur: 1912/13 in Farbe

Fontanes Wanderungen und Hackes Fotos in einem Buch

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Fontanes Wanderungen und Hackes Fotos in einem Buch Von Klaus Büstrin Die Mark Brandenburg war eigentlich nie ein klassisches Reiseziel, vorgestern nicht und gestern nicht. Obwohl es heutzutage genügend Betten für Übernachtungen gibt, macht man sich meist nur für einen Tag auf, Städte und Dörfer zu besuchen. 1913 waren es beispielsweise viel weniger. Das „Wanderbuch für die Mark Brandenburg und angrenzende Gebiete“ gibt die Gesamtanzahl der Betten in den Gasthöfen preis. Es waren nicht mehr als 1500. Kaum jemand aus Köln oder München kam etwa auf den Gedanken, zum Rheinsberger See zu reisen, nur weil dort Kronprinz Friedrich bei Gondelfahrten auf der Flöte blies. Doch Theodor Fontane, der Neuruppiner, schrieb. „Ich bin die Mark durchzogen und habe sie reicher gefunden, als ich zu hoffen gewagt hatte. Jeder Fußbreit Erde belebte sich ..“ Die „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“, in denen er so unnachahmlich die märkische Landschaft, ihre Geschichte, ihre großen Geschlechter und Gestalten schildert, werden immer wieder veröffentlicht, oftmals in Sonderausgaben mit Fotografien. Dieser Tage erscheint im Potsdamer vacat verlag „Ein Fontane-Brevier“, herausgegeben von Peter Walther (Geschäftsstelle Märkische Dichterlandschaft Potsdam). Auch in ihm werden aus den fünf Bänden der „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ Kapitel veröffentlicht. Das Besondere an diesem so edel gestalteten Band (Betina Müller) sind die Farbaufnahmen von Rudolf Hacke (1881-1953). Der Künstler war von Hause aus Maler und Grafiker. Die Fotografie betrieb er weitgehend als Hobby. Er war einer der ersten, der die Mark Brandenburg in Farbaufnahmen festhielt. 1913 veröffentlichte Hacke sie in einem Buch, sieben Jahre später erschien die zweite Auflage. Er lebte bis zur Vertreibung in den vierziger Jahren in Schlesien. Die Fotoplatten wurden durch die Kriegswirren jedoch vernichtet. Zufällig entdeckte Peter Walther das Hacke“sche Fotobuch aus dem Jahre 1920 in einem Antiquariat. Die Idee, sie wieder der Öffentlichkeit zu präsentieren, wurde Wirklichkeit. Da die Originale nicht mehr vorhanden sind, mussten die Reproduktionen aus dem 1920er Buch gescannt werden. Die Vorlagen bearbeitete man mit viel Sensibilität, denn die Originaleffekte sollten natürlich weitgehend erhalten bleiben und störende Druckraster vermieden werden. Dies ist den Bearbeitern bestens gelungen. Die meisten der 45 veröffentlichten Farbaufnahmen haben ihren ursprünglichen Glanz nicht verloren. Eine weitere Besonderheit des Buches: der Herausgeber konnte die Fotos den Fontane-Texten treffend hinzugesellen. Und so entführen uns die Bilder und die literarischen Aufsätze u.a. nach Wannsee, Werder, zu den Ziesterzienserklöstern, nach Trebbin, Lindow, nach Rheinsberg. Die 1912 entstandenen Fotos geben dem Betrachter den unverfälschten Eindruck wieder, den Fontane vierzig Jahre vorher erlebte: eine intakte Landschaft, Gutshäuser und Schlösser, in denen sich viel Leben abspielte und Kirchen, denen die Ehrwürdigkeit über Jahrhunderte hinweg erhalten blieb. Das Reisen lohnt sich in die Mark, mit Fontane und Hacke. Ein zweiter Band ist in Vorbereitung. Ein Fontane-Brevier, Berlin und die Mark Brandenburg, mit Farbaufnahmen von Rudolf Hacke (1913), Band I, vacat verlag Potsdam, 19 Euro.

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