Kultur: „30 Schulbusse in den Kutschstall“
Modellprojekt des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte soll alle Klassen erreichen
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Modellprojekt des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte soll alle Klassen erreichen Die eigenen Museumserinnerungen decken sich mit denen des frisch gebackenen Bildungsministers. „Ich weiß noch, wie ich als Schüler durch verschiedene Museen geschoben wurde, weil eine Lustreise zur Bildungsreise deklariert werden musste.“ Von Museumspädagogik weit und breit keine Spur. Um so mehr freute sich Holger Rupprecht über ein Modellprojekt des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG), das zu den schönen Terminen seiner nunmehr fünfwöchigen Amtszeit gehöre. 30 Schulbusse aus den Landkreisen Märkisch-Oderland und Dahme-Spreewald machen sich bis Ende Dezember auf den Weg in die Ausstellung „Land und Leute“, um hoffentlich bildungshungrige junge Menschen mit ihrer eigenen Geschichte zu konfrontieren. Zum „Unterricht am anderen Ort“ begrüßte Rupprecht gestern denn auch die erste muntere Kinderschar, die seinem Nachsatz: „Lasst euch den Spaß dennoch nicht nehmen“, sicher nicht bedurften. Doch man spürte durchaus auch den Ernst, mit dem die Achtklässler aus Lübben zwischen Dreißigjährigem Krieg, Zwangslager für deutsche Juden und Nähmaschinenproduktion in Wittenberge ihre Kreise zogen. Museumsmitarbeiter Uwe Fröhlich war bestens vorbereitet, um in „Siebenmeilenstiefeln“ die 900-jährige Vergangenheit zu durchschreiten und dabei auch das lokale Kolorit seiner Gäste mit einzubeziehen. Denn nicht zuletzt gehören gerade die Produkte der Spreewaldbauern zum brandenburgischen „Bauch“ der Geschichte. Die Schüler notierten eifrig mit, denn schließlich kam jeder mit einer bestimmten Frage in die Schau. Die einen hatten sich um die Zisterzienser-Mönche, die anderen um die Zwangsrekrutierung beim Soldatenkönig zu kümmern. Die Geschichtslehrer hatten sich schon zuvor die Ausstellung angeschaut, um mit ihren Fragen bei den Schülern und natürlich auch im Lehrplan ins Schwarze zu treffen. Das vom HBPG herausgegebene Begleitmaterial tat sein übriges, um eine Vor- und Nachbereitung möglichst spannend und lebensnah zu gestalten. Die Antwort darauf, warum die Hugenotten fliehen mussten oder mit welchen Gefäßen die Leute früher ihre Fische vom Markt nach Hause trugen, dürfte nach dieser augenfälligen Lektion wohl jedem Schüler leicht fallen. Und der ganze Bildungstripp, inklusive Bustransfer, kostet ihnen gerade mal vier Euro. Dazu braucht es natürlich finanzkräftiger Partner, die sich nicht nur des Modellprojekts, sondern möglichst aller Schüler Brandenburgs annehmen, um sie zu diesem sinnträchtigen Lernort zu bringen. Mit den brandenburgischen Sparkassen bekam die HBPG zugleich einen mitdenkenden Partner ins Boot. „Heimat ist nicht nur der Ort, in dem man wohnt, sondern auch die Region, aus der man stammt“, meint Andreas Fellmann von der Sparkasse Märkisch-Oderland, der es deshalb unverständlich fand, dass es häufig in den Schulen an Begeisterung für dieses Projekt fehle. Er wisse natürlich um das belastete Preußen-Bild zur DDR-Zeit. „Die Schüler sollen indes begreifen, dass Preußen mehr ist, als das, was die Lehrer erzählen“, postulierte er forsch. Gert Streidt, geschäftsführender Direktor des HBPG, betonte, dass man gerade in einer von Abwanderung betroffenen Region den Heimatgedanken besonders pflegen müsse. Die Schulbus-Aktion zeigte jedenfalls zum Auftakt, dass außerschulische Lernorte nicht nur „just for fun“ sind, sondern auch nachhaltig den Bildungsauftrag der Schulen unterstützen können – so wie es sich Rupprecht wünschte. Heidi Jäger
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