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Kultur: Abenteuerlich

Nadja Uhl und Hanno Lentz waren Gast beim Filmgespräch zu „Kirschblüten – Hanami“ im Thalia

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Wie ein paar alte Latschen haben Rudi und Trudi ihr langes Ehedasein in Süddeutschland gelebt. Er geht seinem Beruf nach, sie wartet auf ihn zu Hause, ihre drei Kinder sind längst aus dem Haus. Ein harmonisches Kontinuum. „Kirschblüten – Hanami“, der neue Film von Doris Dörrie, setzt mit einem Paukenschlag ein. Trudi (Hannelore Elsner) erfährt, dass ihr Rudi (Elmar Wepper) den unheilbaren Krebs hat. „Unternehmen Sie noch etwas zusammen, machen Sie einen Abstecher!“, empfehlen ihr die hilflosen Ärzte. So geschieht es. Man reist zu den Kindern nach Berlin, die mit ihnen nicht viel anfangen können, dann an die Ostsee. Plötzlich stirbt Trudi. Ihre Sehnsucht nach Japan, wo ihr Sohn Karl lebt, bleibt genauso ungestillt wie das Erschauen der berühmten Kirsch-Blüte und des Fudschijama. Wird der Witwer, von der eigenen Krankheit nichts ahnend, den Sprung ins Alleinsein schaffen?

Am Donnerstag wurde dieser vielbeworbene Film im Thalia mit gutem Besuch gezeigt. Anschließend standen Schauspielerin Nadja Uhl und Kameramann Hanno Lentz für ein Publikumsgespräch zur Verfügung. Man darf wohl nicht ganz zu Unrecht einen teilbiografischen Hintergrund der Drehbuch-Autorin und Regisseurin Dörrie vermuten, solche Sujets und Motive denkt man sich nur schwerlich aus.

Allerdings zerfällt „Kirschblüten“ in zwei recht unterschiedliche Teile. Bis zum Tod von Trudi sieht man die „alten Latschen“ in einer wunderbaren Harmonie, wozu die Darstellungskunst von Hannelore Elsner etwas mehr beiträgt als die ihres Partners. Dörrie, dafür ja bekannt, benutzt symbolträchtige Darstellungen. Eine Fliege etwa, welche Trudi erschlägt, soll die Kürze des irdischen Daseins verkörpern. So vorübergehend ist das Leben, dass auch die drei erwachsenen Kinder allesamt keine Zeit für die Eltern haben, aber man hat sich sowieso nichts zu sagen, findet nicht einmal die Zeit, zum Begräbnis der Mutter zu kommen.

Hier spielt Nadja Uhl einen kurzen, aber dramaturgisch wichtigen Part, indem sie, als Freundin der Tochter, den alten Herrn tröstet. Genau dieselbe Situation spiegelt der zweiten Teil, der in Japan spielt. Rudi besucht den etwas unklar agierenden Sohn (Maximilian Brückner) in seinem Beton-Hochhaus, „zeigt“ seiner Trudi in ihren Kleidern, was sie selbst nicht mehr sehen kann. Dann findet er „Anschluss“ an eine 18-jährige Tänzerin (Aya Irizuki). Mit ihr als „Wunschkind“ fährt er zum heiligen Berg, wo auch er sein Leben recht glücklich aushaucht.

Die Produktion dieses teils leicht, teils improvisiert wirkenden Films mit einem Filmstab von nur fünf Köpfen (plus Schauspieler) war abenteuerlich, wie der Kameramann erzählte. Ohne „Drehgenehmigung“ zog man mit dem plötzlich unternehmungslustigen Rudi durch Tokios Straßen, sogar in einen Nachtclub, „subversiv“ drehte man auch dort, wo es eigentlich nicht erlaubt war. Das macht den Streifen mit seinen optisch höchst attraktiven Einstellungen – die Kirschblüte als „Symbol der Vergänglichkeit“ voran – recht sympathisch. Solche Vergänglichkeit scheint auch den Nerv von Nadja Uhl getroffen zu haben. Ihre Rolle sei zwar „nicht super wichtig“, wohl aber die Essenz dieses Films. „Nutze die Zeit, die du hast“, sagte sie, und „man kann nur, was man kann, nicht was man will“.

Vielleicht ist die Reise der „alten Pantoffeln“ auch ein Stück ihrer Reise „ins Irgendwohin“, mit „Verlängerung“ (ins Jenseits) oder auch nicht. Darüber nachzudenken, lädt Doris Dörrie wohl ein. Jeder muss seine eigene Antwort finden.

Gerold Paul

Gerold Paul

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