Kultur: Abschied ohne Wehmut
Die Theatergruppe im Haus der Begegnung zieht um und gibt mit „Hans Igel“ ihren Ausstand
Stand:
Die Theatergruppe im Haus der Begegnung zieht um und gibt mit „Hans Igel“ ihren Ausstand „Ich kann überall Theater machen“, sagt Axel Tröger überzeugt. Selbst im Wohnzimmer würde er inszenieren und sei es für zehn Zuschauer. Mit dieser unbezwingbaren Leidenschaft fällt es ihm auch nicht schwer, die jetzige Spielstätte im Haus der Begegnung zu verlassen. Nach vier Jahren Theaterarbeit sieht er nach dem Verkauf des Hauses den Umzug an den Teufelssee als Aufbruch zu neuen Ufern. An seiner Art, Theater zu machen, wird sich indes nicht viel ändern. Axel Tröger breitet sich mit Herz und Seele im integrativen Miteinander aus, weiß um den Reichtum, wenn Jung und Alt, Behinderte und Nichtbehinderte, Deutsche und Nichtdeutsche gemeinsam etwas entstehen lassen. Die jüngste Inszenierung „Hans Igel“, die zum „Ausstand“ am 23. Oktober und 3. November noch einmal im Haus der Begegnung in der Gutenbergstraße zu sehen ist, taucht ein in dieses facettenreiche Menschsein, das schnell auch mal den Menschen übersieht. Erzählt wird von einem Dichter (gespielt von dem Rollstuhlfahrer Rolf Gutsche), der sich einigelt, und nach aufreibenden Erlebnissen in den Amtsstuben auf einen Baum flüchtet. Dieser Baum wird schließlich zum Treffpunkt verschiedenster, ausgegrenzter Menschen. Sie alle haben den Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben. Auch Alphonse, der aus Ruanda kommt, aber schon lange in Deutschland lebt und arbeitet. In dem selbst entwickelten Stück spielt er einen Afrikaner, der von anderen allein im Dunkeln gefunden wird. Sie machen sich Sorgen um ihn. Doch Alphonse will nur allein sein, um in der Einsamkeit besser nachdenken zu können. Er sagt: „Deutschland ist meine Heimat. Alles, was ich habe, habe ich hier. Wenn ich bei euch lebe, verändere ich mich. Der Ort, in dem ich lebte, verändert sich auch. Irgendwann ist man überall ein Fremder.“ Für Axel Tröger ist es wichtig, dass der Mensch hinter den Figuren nicht verloren geht. Gerade im Laientheater dürfe nichts tot inszeniert werden. Mit seinen neun Spielern – eine bunte Truppe von 12 bis 90 Jahren – sei ein sehr intensives Miteinander gewachsen. Im kommenden Jahr werden die Karten nun neu gemischt. Nicht alle werden ihm ins neue Haus der Begegnung folgen können. „Das Zeitfenster für behinderte Menschen ist ganz eng, weil sie immer auf den Pflegedienst angewiesen sind. Auch mit ihrer Kraft müssen sie sehr sorgsam umgehen.“ Für den kleineren Raum in der Waldstadt muss Axel Tröger ein neues Konzept entwickeln – und hofft zugleich, auch im Stadtzentrum wieder eine Gruppe aufmachen zu können. Noch fehlen allerdings Raum und ausreichend Mitspieler. Fördermittel müsse er ebenfalls erschließen. Doch Axel Tröger ist guter Dinge. Auch für seine Gruppe geistig behinderter Menschen, mit denen er Puppenspiel betreibt, hat sich ein Ausweich gefunden: im Treffpunkt Freizeit. Doch auf diese Spielstätte gibt es viele Anwärter, so dass nun noch ein anderer Ort aufgetan werden muss. Die Idee für ein neues Stück ist indes schon da: „Es wird um das Thema Heimat im weitesten Sinne kreisen; wie lebt man miteinander, was braucht man zum Leben.“ Die Fernsehbilder von dem trennenden Zaun zwischen Marokko und der spanischen Enklave sind ihm da sehr gegenwärtig. „ Ich verstehe Theater durchaus politisch.“ Natürlich gebe er viele Anregungen in die Arbeit hinein, „aber ich bekomme auch sehr viele Impulse zurück. Dadurch bleibt das Theaterspiel wach und frisch.“ Mit den jetzigen Aufführungen gehe etwas zu Ende „und da ist auch immer etwas Trauriges bei, aber die Freude auf Neues überwiegt.“ Theater bleibt schließlich Theater. Heidi Jäger Wer Interesse am integrativen Theaterspiel hat, kann sich immer dienstags um 17 Uhr im Haus der Begegnung, Gutenbergstr. 100, melden. Tel. 2702926.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: