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Kultur: Abseits des Banalen

Janne Teller schreibt philosopische Jugendbücher

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Bei Janne Teller geht es um alles oder nichts. Oder besser: um alles und nichts zugleich. Nicht um den Kleinkram jedenfalls, mit alltäglichen Geschichten gibt sich die 1964 in Kopenhagen geborene Schriftstellerin nicht ab. Sie stellt die großen Fragen. Weil sie auch für Kinder schreibt, kommt sie deshalb schon mal in Konflikt mit Lehrern und Pädagogen.

Die hielten Tellers Buch „Nichts – was im Leben wichtig ist“, das 2000 erschien, lange für schädlich und nicht zur Lektüre im Unterricht geeignet. Dabei geht es darin um die ganz grundsätzliche Frage, was tatsächlich von Bedeutung ist. Die Antwort der Hauptfigur Pierre Anthon ist radikal: nichts. Fortan sitzt er in einem Pflaumenbaum und verunsichert seine Mitschüler mit seinem Nihilismus. Die versuchen nun, ihn vom Gegenteil zu überzeugen, indem sie einen „Berg aus Bedeutung“ zusammenzutragen, mit Dingen, die ihnen am Herzen liegen. Das Projekt aber artet schnell in einen Exzess aus psychischer und physischer Gewalt aus, immer krassere Dinge fordern die Siebtklässler einander als Opfer ab. Dahinter steht natürlich die oft verdrängte Frage, welche der Werte genug Bedeutung haben, um Egoismus, Gewalt und Profitgier standhalten zu können.

Jeder, sagte Teller im Interview mit der „Zeit“, habe so einen Pierre Anthon im Kopf, den Erwachsenen gelinge es nur meistens, genug Lärm zu erzeugen, sich so beschäftigt zu halten, dass sie ihn über weite Strecken überhören können.

Ähnlich machte Teller weiter, in „Komm“, das 2012 erschien, negiert sie nicht, dass es Bedeutung gibt, fragt aber: Gibt es überhaupt eine Grenze zwischen Kunst und Moral? Wie weit darf sich ein Schriftsteller auf reale Ereignisse stützen, die nicht seine eigenen sind? Wie sehr darf er Freunde und Bekannte abschöpfen, aus ihren Leben Geschichten bauen?

Bevor Teller begann, allein vom Schreiben zu leben, arbeitete sie als Konfliktberaterin der EU und UNO. Klar, dass sie auch das Zusammenwachsen der Staaten später zu einem Roman verarbeitete „Europa. Alles was dir fehlt“ heißt der. Und auch in ihrem Essay „Europa, wer bist du? Wer möchtest du sein?“ setzte sie sich mit der europäischen Identität auseinander, zudem war sie eine der Initiatoren des internationalen Aufrufs zur Verteidigung der Demokratie im Digitalen Zeitalter. Am Sonntag, dem 24. August, liest sie um 11 Uhr in der in der Schinkelhalle und diskutiert anschließend mit einem anderen Experten für Europa: mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Ariane Lemme

An dieser Stelle stellen wir bis zum Beginn von lit:potsdam am 22. August täglich einen der teilnehmenden Autoren vor

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