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Jo Schöpfers Arbeit „stack“ aus Aluminium, farbig eloxiert.

© Kunsthaus

Kultur: Abstrakt im Raum

Spiel mit der Wahrnehmung: Die Skulpturen und Wandobjekte von Jo Schöpfer im Kunsthaus

Stand:

„Das sind sehr subtile Arbeiten, und sie sind ausgesprochen präzise im Raum platziert“, stellt Marc Wellmann, der Leiter des Georg-Kolbe-Museums, in seiner Eröffnungsrede fest. Das Kunsthaus zeigt Wandarbeiten und Skulpturen des Bildhauers Jo Schöpfer. In dem klar gegliederten weißen Raum können sich die aus farbigem Aluminium, patinierter Bronze, gefasstem Glas und auf Papier gefertigten Werke bestens entfalten. „Fertigteil“, „Unit“ oder ähnlich unspektakulär betitelt Schöpfer seine Arbeiten. Mit häufig geometrischen, strengen Formen formuliert er ein postmodernes bildhauerisches Vokabular. Dabei bezieht er sich auf die Minimal Art, die Figur und Inhalt weit hinter sich gelassen hat. Der Raum, die Durchlässigkeit der Formen, das Spiel mit Volumen und Transparenz ist sein Thema.

Dieser Bezug auf die elementaren Koordinaten der Raumwahrnehmung ist auch der Ausgangspunkt gebauter Architektur und architektonischen Gestaltens. Deshalb wundert es nicht, dass Jo Schöpfer während seines Studiums im Büro des bekannten Architekten Günther Behnisch arbeitete. Auch in späteren Jahren hatte die Auseinandersetzung mit der Architektur Einfluss auf das Werk des Bildhauers. Einerseits jobbte Schöpfer zunächst nach seinem Abschluss des Bildhauerstudiums an der Kunsthochschule Stuttgart weiter in Architekturbüros, um sein anschließendes Studium der Kunstgeschichte zu finanzieren. Anderseits prägt die Beschäftigung mit Architektur die Skulpturen Schöpfers im öffentlichen Raum. Außenanlagen, Bürotrennwände und Empfangscounter entwickelte der Künstler für die deutsche Ausgleichsbank Bonn, Türgriffe für die Schule „Scharnhäuser Park“ in Ostfildern. Zudem arbeitete er mit an der architektonischen Gestaltung von Fassaden, unter anderem des Neubaus der Staatsbibliothek Berlin. „Mich haben mehr die Diskussionen und die Auseinandersetzungen darüber, wie sich Dinge darstellen und entfalten, interessiert als die funktionalen Aspekte der Architekturplanung“, erklärt er seinen Entschluss, Künstler zu werden. Seine mit „Sfera“ betitelten Raumobjekte bestehen zumeist aus Vierkant-Metallstäben, die der Künstler teilweise verbiegt und dann auf sonderbare Weise verknotet zusammenschweißt. Es entstehe eine „Umhausung, eine Behausung“, formuliert Wellmann. Tatsächlich postuliert Schöpfer hier ein Statement über eine Raumerfahrung, die eine merkwürdige Schwebe zwischen strenger Geometrie und wuseligem Ausbruchversuch hält.

Während Minimalisten wie Don Judd oder Sol LeWitt ganz ausdrücklich durch die Abstinenz von narrativen Elementen und strikt eingehaltenen Symetrieen ihren Skulpturen eine kristalline Klarheit und Selbstgenügsamkeit einprägen, bahnt sich bei Schöpfer selbst bei seinen eher eckigen Formen das unterschwellig drohende Chaos doch wieder seinen Weg und verwirrt die Formenstrenge. So entstehen Raumobjekte, die zwar keine Geschichte erzählen und auch nicht an die haptische Erfahrung des Betrachters appellieren. Aber sie spielen mit der Wahrnehmung des Besuchers. Sie lassen vermuten, dass es auch für Schöpfer eine Welt abseits der strengen Form gibt.

Dies gilt auch für die Farb- und Glastafeln in der Ausstellung. Mit seiner Wandarbeit aus durchsichtigem, teilweise spiegelndem Glas bezieht Schöpfer den Betrachter als Spiegelbild in die Skulptur mit ein. Die gezeigten Fotografien des Künstlers dagegen zeigen geometrische Muster von Häuserfassaden, gehalten in einem unspektakulärem Grünton. Sie verschließen sich vor dem Blick des Betrachters. Hier artikuliert sich das Interesse des Künstlers an architektonischer Konstruktion aufs Neue. Bei den monochromen Farbflächen der Wandbilder dagegen fällt der Betrachter durch die Spalten zwischen den Flächen in das Bild hinein wie in einen dunklen Abgrund.

Zu sehen bis 1. Juli. Mi 11 - 18 Uhr, Do - Fr 15 - 18 Uhr, Sa und So 12 - 17 Uhr oder nach Vereinbarung unter Tel. (0331) 200 80 86

Richard Rabensaat

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