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Von Richard Rabensaat: Afrikanische Klänge und tanzende Figuren

Chris Hinze zeigt neue Arbeiten im Rahmen des Festivals „Orient und Okzident“

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Ein roter Engel schwebt über einem Holzsteg. Auf dem liegen verstreut seine Federn. Die Installation im Kunstraum Potsdam in der Schiffbauergasse von Chris Hinze beeindruckt in ihrer schlichten Schönheit, auch wenn das Arrangement deutlich erkennbar an Ernst Barlachs „Schwebenden Engel“ von1926 erinnert. Das weiß auch der Bildhauer und Maler Chris Hinze, findet es aber nicht besonders tragisch. Schließlich ist es gängige künstlerische Praxis, sich mit den Werken von Kollegen kreativ auseinanderzusetzen.

Im Rahmen des Festivals „Orient und Okzident“, das die Jazzwerkstatt organisiert und die Bundeskulturstiftung und das Land Brandenburg unterstützen, zeigt Hinze malerische und bildhauerische Arbeiten. Der rührige Künstler ist selber Gitarrist und tourt mit seiner Band seit etwa 20 Jahren durch die Lande.

„Irgendwann musste Chris seine Seele ins Gleichgewicht bringen und suchte einen Ausgleich zu der heftigen Musik. Da fing er an, bildnerisch zu arbeiten. Seine Werke strahlen eine Ruhe und Melancholie aus. Das ist sein Gegenpol zur Musik“, kommentiert der Galerist Werner Ruhnke in seiner Einführungsrede. „Eine Reise“ betitelt der Künstler eine Objektgruppe aus Stoffskulpturen und Koffern. Gerade aufgereiht stehen sie dort und lassen unschwer erkennen, dass der Künstler sich in einer persönlichen Umbruchsituation befindet. Wohin die Reise führt, weiß er selber noch nicht, nur dass es einigermaßen ordentlich vonstattengehen soll. Es sind alte Koffer, die stehenden Objekte sind in derbes Tuch gewickelt. Die Formensprache des Künstlers ist klar und einfach. Sie vermittelt sich dem Betrachter unmittelbar ohne dekorativ zu sein.

Häufig sind es Engel, die Hinze mit ausgebreiteten Flügeln aus hartem Eichenholz schneidet. Siebdrucke, die er zu einem Kalender zusammenstellt, erinnern in ihrer flächigen Gestaltung an afrikanische Formen. Dort, in Afrika, habe die Wiege der Menschheit gestanden, deshalb sei es nicht verwunderlich, wenn Künstler auf entsprechendes Formenmaterial zurückgreifen würden, meint Ruhnke. Heutige Künstler in Afrika arbeiten schon lange nicht mehr in dieser Weise. Aber unabhängig davon, ob die These nun ethnologisch korrekt recherchiert ist, vermitteln die reduziert gezeichneten, tanzenden Figuren, die geschickt arrangierten Formen der Drucke und die schlanken Skulpturen von Hinze seine kreative Schaffensfreude. Die überträgt sich auf den Betrachter auch dann, wenn die Werke selber nicht so unbeschwert sind.

Das musikalische Element in den Bildern Hinzes war es vermutlich auch, dass sie als Coverbilder für die CDs von Jazz-Musikern qualifizierte, die bei dem Festival auftreten. Auf einem Balaphon, einem Instrument mit einer Reihe von Schlaghölzern, spielt der Musiker Aly Keita am Eröffnungsabend munter perlende Melodien. In ein dunkelrotes Gewand gekleidet, das mit goldfarbenen Ornamenten verziert ist, harmoniert auch die Erscheinung des in Afrika geborenen Keitas schön mit den Bildern Hinze. Keitas afrikanische Klänge sind der Auftakt zum Festival, bei dem zahlreiche Varianten des Jazz zu hören sind.

Innerhalb des Festivals gibt es heute im Kunstraum eine Grafikmesse von 14 bis 19 Uhr, unter anderem mit Arbeiten von Hans Scheuerecker, Olga Maslo, Mona Höke, Matthias Körner und Chris Hinze

Richard Rabensaat

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