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Von Klaus Büstrin: Akzente setzend

Potsdamer Orchesterwoche auf Hermannswerder

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Es war schon etwas gewagt, zu behaupten, Glucks Oper „Iphigenie auf Tauris“ sei langweilig. Obwohl Dietrich Schönherr, wie er selbst bekannte, sie nicht kenne, habe er dennoch die Ouvertürenbearbeitung von Richard Wagner zum Auftakt des Konzerts der diesjährigen Potsdamer Orchesterwoche ausgewählt. Aber auch Wagners klangmächtige Fassung kann Langeweile verbreiten, wenn sie so glatt musiziert wird, wie am Freitagabend in der Inselkirche von Hermannswerder. Die 70 Instrumentalisten haben sich, das ist schließlich Ehrensache, mit großem Fleiß und Engagement der Iphigenien-Ouvertüre und all den anderen Werken, die auf dem Programm standen, angenommen.

Bereits zum 34. Mal trafen sich Musiker, in der großen Mehrzahl Laien, die ein Konzertprogramm mit vier Kompositionen für öffentliche Auftritte vorbereiteten. Die Hoffbauer-Stiftung, wo man eine gute Woche lang probt und wohnt, ist ihnen eine gute Heimat geworden. Der Kirchenmusiker und Musikpädagoge Dietrich Schönherr hat diese Orchesterwoche ins Leben gerufen und sie zu einem nicht mehr wegzudenkenden Akzent im Potsdamer Musikleben gemacht. Fünf Konzerte absolvierten die Musiker auch in diesem Jahr, unter anderen im Dom zu Brandenburg oder in der Klosterkirche Lehnin.

Dietrich Schönherr hält des öfteren das Werk eines zeitgenössischen Komponisten parat. In diesem Jahr die Suite des Potsdamers Gisbert Näther über das rhythmisch sehr betonte Kirchenlied „Singet dem Herrn ein neues Lied“ von Rolf Schweizer aus dem Jahre 1964. Schön, dass die Zuhörer zunächst den fast unbekannten Choral selbst singen durften, von der Orgel begleitet. Näthers Suite wurde von der Orchesterwoche zu dessen Jubiläum vor vier Jahren uraufgeführt. Auch hierbei erweist sich des Komponisten wunderbare Kunst, Musik zu schreiben, die technisch von Laien spielbar ist, dennoch musikalisch einen hohen Anspruch besitzt. Die Suite ist immer von klarer Klanglichkeit, stringenter Durchhörbarkeit und farbigen Finessen. Schönherr hat die Musiker wieder fabelhaft auf das Opus eingestimmt, es präzise mit ihnen erarbeitet und nobel gespielt. Das galt auch für das hochromantische von allen Geigensolisten gern gespielte Violinkonzert e-Moll Felix Mendelssohns Bartholdys, bei dem sich das Orchester als zuverlässig-freudiger Partner der erst zwanzigjährigen Solistin Henriette Klauk erwies, vielleicht manchmal etwas zu auftrumpfend in der Begleitung. Die Geigerin, die ab Herbst ihr Musikstudium in Rostock aufnehmen wird, musizierte das Konzert schon erstaunlich souverän, mit kräftigem Ton und gutem Geschmack. Da wird sicherlich eine Musikerin heranwachsen, die eine gute Zukunft hat.

Zum Schluss des Konzerts gab es wieder eine Ouvertüre, diesmal zu Carl Maria von Webers „Beherrscher der Geister“. Im raschen Tempo ging das Stück „über die Bühne“, denn man wollte wohl seine allzu dick aufgetragenen und oftmals vertrackten Klang-„Geister“ schnell hinter sich bringen. Danach gab es in der Inselkirche herzlichen Beifall für alle Mitwirkenden.

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