Kultur: Alles im Fluss
Herbstsalon mit Bildern und Grafiken in der Galerie am Neuen Palais
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Herbstsalon mit Bildern und Grafiken in der Galerie am Neuen Palais Von Götz J. Pfeiffer „Alles fließt“, wird dem griechischen Philosophen Hesiod als Lebensweisheit angedichtet. Und gelten seine Worte nicht auch für die Gegenwart, in der nichts so sicher ist wie der stete Wandel? Da könnte man als Kommentar auffassen, dass die diesjährige Herbstausstellung der Galerie am Neuen Palais „am, im Fluß“ überschrieben ist. Doch weder Zeitkritik noch All-zu-Nachdenkliches ist in der Gruppenausstellung mit gut 70 Werken von 14 Malern zu sehen. Überwiegend landschaftlich, manchmal surreal und recht entspannt geht es zu. Theresa Beitls Gouachen und Acrylbilder vom „Müritz-Nationalpark“ oder Landschaften mit Fluss kommen flächig und in naiver Auffassung des Gesehenen daher. Von Thomas Kahlau sind „Drei Lietzen“ auf einem Querformat in harmonischen Farben zu sehen, die mit heiter-bunter Palette gemalten „Nuthewiesen“ und die witzelnde „Möwe auf Diät“, die dick auf einem Pfahl über dem Schild hockt: „Bitte keine Möwe füttern“. Mit den verschiedenen „Havellandschaften I-IV“ ist der Potsdamer Manfred Seidel beim Galeristen Jürgen Oswald vertreten. Die Pastelle spiegeln melancholische Ruhe beim Blick ins Land. Ebenfalls ein Neuling in der Galerie am westlichen Ende von Park Sanssouci ist Heino Koschitzki, der Ölbilder, ein Pastell und mehrere Radierungen zeigt. Bei den kleinformatigen Drucken der „Weiden am Fluss“ lädt die leer geräumte Szenerie zum interssierten Nachverfolgen der Linien ein. Auf den großen Bildern wirken die Ausblicke trotz heiterer Farben in der Verknappung der Bildgegenstände gespenstisch. Die Leere zum Bildthema hat der ebenfalls erstmals ausgestellte Hans Wallner aus Regensburg gemacht. Sein „Landungssteg“ verspricht im Titel nicht mehr als das Bild hält. Doch seltsam wirkt seine „Begegnung in der Donau“, auf der sich eine nackte Schwimmerin und ein glotzender Fisch treffen. An mystischen Realismus erinnert die „Umbrische Landschaft“ Bernd Baumgarts. Zu handfest ist sein „Bacchus und Ariadne“, beide nackt und sie auf ihm reitend, vielleicht ein erträumtes Selbstporträt? Dann schon lieber Gerhard Gabels weiträumige Landschaften, die, ob „Frühjahr im Havelland“, ob „Im Oderbruch“, bei gleicher Komposition von ähnlichem Licht beschienen werden. Belebend frech wirkt dagegen, wie Regine Herms die „Titanic im Wannsee“ angeschnitten hat, wie sie den nackten Mann „Vom Anderen Ufer“ als Sonnenanbeter einer gelb-orangenen Flut entsteigen lässt. Und auch surreale Imaginationen, eine in der Galerie gerne geübte Spielart, kommt wieder zu ihrem Recht. Beim Hamburger Günther Hauschildt, auch er neu im Galerieprogramm, sind Plastikenten frisch dem Ei entstiegen zum „Familienausflug“. Etwas bemüht wirkt auch „Der Alptraum“ des Reihenhausbesitzers, der morgens im Pyjama in der zum Fluss mutierten Straße ein Auto vorbei treiben sieht. Erinnert sich noch jemand an Grimma und das Muldental? Der Neu-Potsdamer Axel Gundrum, der seit kurzem eine Ateliergalerie in der Schopenhauerstraße betreibt, hat ein „Selbst als Havelgott“ beigesteuert und gleich auch noch das „Paradies flurbereinigt“, so dass Adam den reißenden Strom, in dem ein Priester wacht, nicht mehr zur lockenden Eva mit den Äpfeln queren kann und lieber angelnd am Ufer sitzt. Der gleichen Künstlergruppe „Melpomene“ wie Gundrum gehört Hinrich van Hülsen aus dem niedersächsischen Osnabrück an. Nachdenklich stimmen seine Bilder in guter surrealer Tradition. Warum rast ein Feldhase in „Die Zeit bis zum Abend“ von links nach rechts über ein Wasser? Und was macht das „Flusspferd ohne Fluss“ im gelben, wogenden Kornfeld einer norddeutschen Tiefebene? Mindestens genau so fantasievoll ist Monika Sievekings in Tempera und Kohle auf Leinwand gebrachte Ansicht dessen, was „Im Fluss“ auch passieren kann: ein Handstand auf dem treibenden Floß aus Stroh. Bis 12. Dezember in der Galerie am Neuen Palais. Mi-Fr 14-18 Uhr, Sa-So 13-18 Uhr.
Götz J. Pfeiffer
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