Kultur: „Alles ist Spaß auf Erden“
Kammeroper Schloss Rheinsberg präsentierte mit „Falstaff“ erstmals szenisch eine Oper von Giuseppe Verdi
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„Die letzten Noten des Falstaff. Alles ist beendet!“ So Verdis Notiz, die er auf die Partitur zu seiner Oper „Falstaff“ schrieb. Es sollte seine letzte werden. Und die einzige mit komödiantischem Charakter. Als Vorlage diente Shakespeares „Die lustigen Weiber von Windsor“ und „Heinrich IV.“ Ein leichter Konversationsstil durchzieht die Handlung um den Schwerenöter Sir John Falstaff. Seine Geldnöte versucht er mit Liebesanträgen bei zwei Damen von Windsor, die mit reichen Männern verheiratet sind, aufzubessern. Nicht nur die Geschichte hat einen erfrischenden Humor, auch die Musik ist in jedem Takt von Witz und Einfällen durchzogen.
Die Kammeroper Schloss Rheinsberg hat sich in diesem Jahr dem „Falstaff“ zugewandt, nach „Nabucco“ das zweite Mal in seiner siebzehnjährigen Geschichte mit Verdi. Natürlich hätte die Kammeroper eine Oper wählen können, in der musikalisches Highlight auf Highlight folgt, sie hat aber das schwierige Ensemblestück ausgesucht, in dem es vor allem kammermusikalisch zugeht. Die Brandenburger Symphoniker unter der Leitung ihres Chefdirigenten Michael Helmrath mussten den akustischen Tücken der Ausweichhalle, in der die Opernaufführung stattfand, Paroli bieten. Die Kammeroper Schloss Rheinsberg muss auch in diesem Jahr verstärkt das idyllische Heckentheater , mit der poesielosen Halle tauschen, denn das Wetter meint es einfach nicht gut mit den Veranstaltern.
Das Orchester war wieder am Bühnenrand positioniert. Somit waren dem Interpretationsideal eindeutig Grenzen gesetzt. Bis zur Pause mussten sich Dirigent, Musiker und Sänger zusammenraufen. Im zweiten Teil waren dann viel mehr Drive und Brio zu hören, ging es kammermusikalisch zu. Natürlich musste sich der Zuschauer szenisch in das Heckentheater hinein denken. Die Halle ließ bühnenbildnerisch nur ein Minimum zu (Ausstattung: Martina Feldmann). Vor allem der herrlichen Schlussszene, die im Wald spielt, fehlte einfach das Sommernachtstraum-Fluidum. Trotz des Aufgebots an Nymphen, Feen und anderer Waldgeister konnte sich ein schillerndes Waldweben nicht einstellen. Dem Regisseur Kay Kuntze scheint hier die Fantasie ausgegangen zu sein, mit der er zuvor eine Geschichte voller Heiterkeit erzählte, bei der in keinem Moment Klamauk aufkam. Im Wald ging es jedenfalls recht dröge zu.
Der japanische Bariton Takeshi Hatsukano als Titelgeber des Abends machte wirklich gute Figur. Seiner kraftvollen Stimme verlegte er mit dem richtigen Gespür für die vorherrschenden Spielsituationen nicht ins vergröbernd „Heldische“, sondern betonte eher den tänzelnd-charmanten „Kavalier“. Selten kommt es vor, dass ein Ford, einer der Gefoppten Falstaffs sowie der Damenwelt, dem Schwerenöter ebenbürtig ist. In dieser Aufführung konnte der Bariton Sung-Kon Kim aus Korea in seiner großen Racheszene stimmlich sehr für sich einnehmen. Über alle Lagen hinweg herrschte eine mühelose Ausgeglichenheit, die imponierte. Ansonsten blieb er darstellerisch blass, da er zu verhalten agierte. Dagegen wurde die kleinere Partie der Mrs. Quickly neben Falstaff zu einem Hauptanziehungspunkt der Inszenierung. Mit ihrer großen Spielfreude und prachtvollen Altstimme, die Kern und Flexibilität hat, sorgte die Französin Genevieve King als „Postbotin“ für reichlich Verwirrung und Wirbel. Die beiden Angebeteten von Falstaff, Alice Ford (Karin Nybom) und Mrs. Meg Page (Mariana Ossandón), konnten darstellerisch mithalten, aber stimmlich brachten sie noch zu wenig Glanz ein. Dies kann man von dem Schwiegersohn in spé der Fords, Fenton, ohne Einschränkung ebenfalls sagen. Sergej Tkachenkos Tenor war stellenweise so dünn, dass man ihn kaum hörte. Und dies lag wirklich nicht am Orchester. Dagegen erfreute Fords Tochter Nannetta – mit großer Klarheit und Schönheit von der israelischen Sopranistin Keren Hadar gesungen. Großer Beifall für alle Mitwirkenden, für eine Aufführung, die den Zuschauern zum Schluss die Erkenntnis mit auf den Heimweg gab „Alles ist Spaß auf Erden.“ Klaus Büstrin
Nächste Vorstellungen: 17./18.8., 20 Uhr, Heckentheater Rheinsberg
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