
© Manfred Thomas
Kultur: Alles schreit nach weiteren Projekten
Tom Tykwer mit „Drei“ zu Gast im Thalia
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Er selbst, so philosophiert Tom Tykwer, sieht sich als Koch, der mehrere Töpfe auf dem Herd stehen hat, die er mit verschiedensten Ingredienzien und Gewürzen füllt, um sie im besten Falle servierfähig zu machen. Und so ist man versucht, die cineastischen Kochkünste des Regisseurs genauer unter die Lupe zu nehmen, als der Abspann zu seinem neuesten Film „Drei“ läuft, der am Montagabend im Potsdamer Thalia Kino in einer Vorabpremiere gezeigt wurde. So beantwortete er vor Filmbeginn dann nur eine von Kinoleiter Thomas Bastian gestellte Frage, deren Antwort aber so ausführlich geriet, dass er am Ende glatt vergessen hatte, wie diese eigentlich lautete.
Um das erneute Arbeiten in der eigenen Sprache nach zehn Jahren ging es, um Heimat und um wirkliche Innenansichten einer Stadt, die in krassem Gegensatz zu seinem letzten Projekt stehen sollten. In dem 2009 erschienenen Streifen „The International“ sah man vor allem gewaltige Häuserfassaden. Dieser Film war zu großen Teilen in den Filmstudios Babelsberg gedreht worden und in einem kurzen Vorabinterview hatte Tykwer seine unumwundene Liebe zur Filmstadt bekannt. Alles hier verkörpere den Film, transportiere Vergangenes und schreie förmlich nach immer neuen Projekten. Viel Zeit habe er hier während des Drehens verbracht und lächelnd erinnert er sich an lange Nächte in den Studios. Diese werden auch aus seiner zukünftigen Dreharbeit nicht wegzudenken sein, denn hier kennt man sich, kennt all die lohnenden Drehorte und ist gern ein Teil der großen Filmgeschichte, die hier geschrieben wurde und jetzt auch wieder geschrieben wird.
In seinem neuen Film „Drei“, den er indes in Berlin und London drehte, erzählt Tom Tykwer die Geschichte des Berliner Mittvierzigerpaares Hanna und Simon. Als die beiden, unabhängig voneinander, den geheimnisvollen Adam kennenlernen und jeweils ohne das Wissen des Anderen eine Affäre mit ihm beginnen, sind sie, entgegen aller Erwartung, so beflügelt von der erfrischenden Abwechslung, dass sie sich nach zwanzig Beziehungsjahren das Ja-Wort geben. Als dann die inoffizielle Menage á trois auffliegt, weil Hanna, völlig aufgelöst, vor Adams Tür steht, um ihm zu erzählen, dass sie schwanger ist, bricht erst einmal jede Beziehung zwischen den Dreien auseinander.
Poesie ist eine der Hauptzutaten des Films – gemixt mit langen Einstellungen voller Stille, ein wenig Kitsch, ein wenig Direktheit, einigen – nicht immer sofort verständlichen – Bildmetaphern und ein paar Finessen im Schnitt. Das alles ergibt – wie in Potsdam vorab zu sehen war – in „Drei“ ein nicht ganz rundes, aber durchaus interessantes Seh-Erlebnis. Schade, dass im Anschluss an den Film weder Lob noch Tadel ausgeteilt werden konnte, denn der Regisseur, der mit „Lola rennt“ seinen fulminanten Durchbruch feierte, war tatsächlich mit der S-Bahn angereist, musste aber schnell weiter.
Andrea Schneider
Die Rezension zu „Drei“ finden Sie auf der Seite 25
Andrea Schneider
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