Kultur: „Als wären es Bernsteine am Strand “
Lyrikkalender 2007 des Literaturkollegium Brandenburgs und der Fachhochschule Potsdam
Stand:
Der neue Lyrikkalender 2007 ist da. Der Kalender, herausgegeben vom Literatur- Kollegium Brandenburg, vereint Texte brandenburgischer Autoren und Illustrationen von Studenten der Fachhochschule Potsdam aus dem Fachbereich Design. Henry-Martin Klemt, Sieger des Literaturwettbewerbs „15 Worte zum 15. Geburtstag“ des Literatur-Kollegiums Brandenburg, beschreibt in seinem Eingangsgedicht auf dem Cover das Phänomen der Ankunft als einfacher Rast während einer „ewigen Reise“. Erst wenn ein Zuhause, ein „Nest“, gebaut ist, „regnet es Geduld“.
Maik Altenburg stellt die Kostbarkeit, Einmaligkeit und Unwiederbringlichkeit der Lebenszeit in den Mittelpunkt seiner Einführung, die den Monatsgedichten voran gestellt ist. Er spricht in seinem Exposé von drei Zeitpunkten im Leben: Unerschöpflich scheint die Zeit als Kind und ebenso wie die als Jugendlicher. In der Lebensmitte angekommen wird der Vorrat an unvergesslichen Augenblicken kleiner, so seine eigene Erfahrung. Als drei der zwölf Themen des vorliegenden Kalenders benennt Altenburg „eine tiefe Empfindung, den Zauber eines Augenblicks, die Endgültigkeit eines Abschieds.“
Über den Winter in Potsdam und seinen „Sohn“, den Frost, der die „Marmorbirken“ umarmt, reflektiert Natalja Gorbatyuk. Die dazu ausgewählte Illustration von Vera Eizenhöfer spricht von Einsamkeit. Inmitten violettfarbener Bäume wird eine Gestalt in Türkis getaucht.
Von der Tabulosigkeit des Windes, der alle berühren darf, schreibt Walter Flegel, denn „was mir verboten ist, gilt für ihn nicht.“ Dennoch beneidet der Schreibende den Wind keineswegs, „denn er wird immer unter einem leiden: Was er mit keiner Frau je machen kann, das fange ich heut Abend mit Dir an.“
In Liane Heinzes Bild streckt eine Unterwasserfrau in einem rosé- und türkisfarbenen Meer die Arme in die Höhe. Auch wenn auch hier das Bild nicht vordergründig zum Text passen scheinen mag, ergänzen sich Illustration und Gedicht.
„Ich möchte als Wildgans geboren werden“ ist der Titel des Gedichts von Christa Müller. Aus ihm spricht die tiefe Sehnsucht der Autorin, einmal zu fliegen. Sie träumt davon, von den Zugvögeln in die Mitte genommen zu werden und im März wieder nach Norden zurückzukehren. Die Einzigartigkeit der Sprache bezaubert den Leser.
Sorina Miers erkundet die verschiedenen Perspektiven des Sitzens, die von Neben-mir-sitzen bis zum Mir-Gegenüber-Sitzen reichen. Beim Mir-Gegenüber-Sitzen kann eine Verführung stattfinden. Am Ende, „dann, bald, sitzen wir nicht mehr.“
Christa Kozik erhebt eine Hommage an Maxie Wander, die „im Raume unsrer Gedanken“ lebt und „im Raum der unsichtbaren Bildern.“
Birgit Peukers Gedicht „Willkommen II“ handelt von Freude, im Hafen angekommen zu sein, mit heiterem Wasser, vergnügten Segeln, tanzenden Möwen und weißbefiedertem Licht.
Auf den geneigten Leser warten weitere Gedichte des Lyrikkalenders, die ihn durch das Jahr begleiten. Durch die Freiheit der Dichtung wie auch der Bilder sind den „Monaten“ ganz eigene Gesichter gegeben. Machen wir uns Maik Altenburgs Wunsch für die Leser zu eigen:, dass sie wie er „die Gedichte suchen, aufheben und gegen das Licht halten, als wären es Bernsteine am Strand.“
Annegret Dahm
Der Kalender ist für 12,80 € im Buchhandel erhältlich.
Annegret Dahm
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