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Kultur: Altbekanntes

Sinfoniekonzert mit dem Staatsorchester

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Erinnerungen, wehmütige Rückblicke oder einfach nur heimatliche Gefühle im besten Sinne bestimmten weitgehend das 5. Sinfoniekonzert der Saison im Nikolaisaal. Das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt (Oder) offerierte unter der Leitung seines Chefdirigenten Howard Griffiths ein Programm, bei dem man Neues entdecken und Altbekanntes genießen konnte.

Werke des Ungar Zoltán Kodály findet man selten in Konzerten. Die im Nikolaisaal dargebotenen „Tänze aus Galanta“ aus dem Jahre 1933 machen jedoch neugierig auf weitere Werke Kodálys, der in Sachen Volksmusik ein Forschungsreisender durch seine ungarische Heimat war. „Galánta ist ein kleiner ungarischer Marktflecken, wo der Verfasser sieben Jahre seiner Kindheit verbrachte. Damals wohnte dort eine berühmte Zigeunerkapelle, die dem Kinde den ersten ‚Orchesterklang’ einprägte“, schrieb Kodály in dem gedruckten Partitur-Vorwort. Gegenüber der Musik seines Freundes Béla Bartók ist Kodálys Tonsprache verbindlicher. Sie ist farbig, spritzig, urwüchsig und kann mit überschäumendem Temperament aufwarten. Das Staatsorchester wusste die Kontraste der Instrumentation beziehungsreich und effektvoll zu musizieren.

Nach Kodály folgte Joseph Haydns berühmtes Trompetenkonzert in Es-Dur mit dem aus Russland stammenden Sergei Nakariakow, der bereits ein Star unter den Trompetern ist. Das Spiel Nakariakows war beeindruckend. Keine Kratzer waren zu hören, die Kantilene im Andante des zweiten Satzes gestaltete er behutsam, ebenso das raffiniert-virtuose Spiel im Schlusssatz, das er dann im schmetternden Ton in den Saal blies. Das Trompetenkonzert gestaltete sich gemeinsam mit den Musikern des Staatsorchesters unter Howard Grifftiths zu einer wohlklingenden Einheit, doch dem Ganzen hätte ein wenig mehr revolutionärer Geist gut getan, vor allem aber sprudelnde Frische. Sie konnte bei der wenig freudigen Ausstrahlung des Solisten kaum aufkommen. Man hatte den Eindruck, dass er unentwegt dachte: Immer wieder wird der Haydn gewünscht. Nun spiele ich ihn zum x-ten Mal. Das Publikum war aber dankbar und applaudierte heftig. Bei der Zugabe von „Horace Staccato“ des US-Amerikaners Harry James, der als Komponist und Jazztrompeter sich einen Namen machte, war Nakariakow ganz in seinem Element. Bravourös wusste er mit dem Staatsorchester die Lockerheit des Spontanen mit all ihren Tücken, die die Musik in sich birgt, treffsicher zu musizieren.

Der Tscheche Antonin Dvorak absolvierte in der Neuen Welt, in den USA, einen Lehrauftrag. Dort schrieb er auch seine populärste Komposition, die Sinfonie Nr. 9 e-Moll op.91, die er im Untertitel „Aus der Neuen Welt“ nannte. Amerika-Assoziationen fließen in diese Musik ein, doch werden sie von Dvorak unverkennbar in böhmischer Sprache vorgetragen, wehmutsvoll, aber auch übermütig-elegant. Die wunderbaren mystisch getragenen Melodien sind einzigartig. Und wohl jeder Zuhörer wartet auf die traurige wie vom Heimweh gefärbte Kantilene des Englischhorns, die Takahiro Watanabe im Nikolaisaal traumhaft intonierte. Howard Griffiths legte die Interpretation als ein entspanntes Miteinander an. Natürlich war virtuoses Musizieren und stählerner Glanz zu vernehmen, aber selten kam dies schmetternd direkt an. Man durfte sich an böhmisches Behagen im Scherzo erfreuen sowie an den natürlichen Schwung des Finales. Einige schön ausgeleuchtete Details gab es, aber doch erkennbar ohne Ambition zu neuer Deutung. Klaus Büstrin

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