zum Hauptinhalt

Kultur: Alte Bräuche, neue Formen

50 Jahre Künstlerische Textilgestaltung in Potsdam

Stand:

50 Jahre Künstlerische Textilgestaltung in Potsdam „Textilstadt Potsdam“ heißt ein großer Wandteppich im Mittelpunkt der Ausstellung „Zeitreise und Visionen“. Von der Aufzucht der königlichen Seidenraupen übers Haspeln und Spinnen bis zu den Webstühlen der böhmischen Weber sind dort viele Stationen der Textilproduktion und -verarbeitung in Potsdams Geschichte abgebildet. Hergestellt wurde der kunstvolle Bildteppich von den Damen der Potsdamer Gruppe des Fachverbandes Textilunterricht, deren Arbeiten ganz wesentlich zur Fortsetzung der textilen Traditionen der Landeshauptstadt beitragen. Die Ausstellung in Alten Rathaus berichtet von einem halben Jahrhundert kreativer künstlerischer Textilgestaltung. Rund 100 Exponate von 24 Mitgliedern umfassen die unterschiedlichsten Bereiche der textilen Arbeit. Dabei wird besonders der künstlerische Aspekt hochgehalten: „Bei uns wird nicht nach vorgefertigten Mustern gebastelt, genäht, gehäkelt oder gestickt“, erklärt Jutta Lademann, die gemeinsam mit Monika Leschik-Berndt den 1994 neu gegründeten Brandenburger Landesverband vorsteht. Er entstand aus dem Zirkel für künstlerisches Textilgestalten, der vierzig Jahre lang, von 1954 bis1994, von Ingeborg Bohne-Fiegert geleitet wurde. Zwei Vitrinen würdigen die engagierte Arbeit der über 80-jährigen Dame, die unter anderem Bücher über Batik und Textil-Gestaltung verfasste und mit dem Fontane-Preis ausgezeichnet wurde. In der DDR-Zeit produzierten die Textilkünstlerinnen, die zu den „Volkskünstlern“ zählten, Modell-Kleider für „Boutiquemodenschauen“ oder eine für eine „Jagdmodenschau.“ Dazu gehörten aufwändig dekorierte Kleidungsstücke mit dazu passendem Schmuck und Accessoires aller Art. Nach der Wende wandte man sich der freien experimentellen Bildgestaltung zu und holte sich dafür Rat und Anregung bei der namhaften Bildtextilgestalterin Helga Graubner. So entstanden Bildcollagen aus handgeschöpften Papieren, transparenten Stoffen, Naturmaterial, Filz oder Seide, auf denen traditionelle Handarbeitstechniken nur noch selten erscheinen. Vielmehr steht das Erproben von neuen Darstellungsmitteln im Vordergrund. Dabei entstand eine Reihe von farbenprächtigen, abstrakten Materialkompositionen, die den Schöpferinnen zur Ehre gereichen. Besonders, aber nicht nur, die Arbeiten zu dem diesjährigen Thema „Parks und Gärten“ weisen viel Gestaltungsreichtum und Kreativität auf. Zwei experimentelle Hutmodenschauen setzten die Geschichte der Modell-Produktion fort, wenn auch jetzt mit wesentlich gewagteren Kreationen als zuvor. Von den vielfältigen Interessen der Textilkünstlerinnen zeugen auch vier gemeinschaftlich, sehr aufwändig hergestellte Wandbehänge, die Tradition und Brauchtum des Landes Brandenburg zeigen. Für deren historisch korrekte Darstellungen wurden sogar Fachleute aus Museum und Geschichte zu Rate gezogen. So werden nicht nur alte Traditionen lebendig erhalten, sondern neue Materialien und Formen aufgenommen. Vor allem die Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen soll gefördert werden und gerne würde man den Textilunterricht an den Brandenburger Schulen einführen. Wie so etwas aussehen könnte, zeigt das fächerübergreifende Projekt „Im Wandel der Sonne“, das an der Max-Dortu-Schule in fruchtbarer Zusammenarbeit mit Frau Leschik-Berndt entstand. Mit den Kindern gestaltete sie eine Vielzahl von großen und kleinen, hängenden Sonnen aus Mull, Gaze, Seide, Hanfpapierbrei. Dazu gehört ein selbst entwickeltes Musik- und Tanzstück, das heute und am 11. November um 18 Uhr im Alten Rathaus aufgeführt wird. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })