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Kultur: Andacht hatte Vorrang

Potsdamer Kantorei sang Chormusik der Romantik in der Erlöserkirche

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18 Jahre alt war Franz Schubert, als er die Messe in G-Dur komponierte. Den liturgische Texten gab er mit dem eher kammermusikalischen Werk eine allgemeine andächtige Stimmung. Davon war auch die Aufführung am Sonntagnachmittag in der Erlöserkirche bestimmt. Das brütend-heiße Sommerwetter brachte nicht so viele Zuhörer in das Gotteshaus, wie ansonsten die Potsdamer Kantorei zu ihren Konzerten begrüßen kann. Doch dass weniger Andacht vorhanden war, konnte man nicht konstatieren.

In ihrem neuen Programm mit Werken aus dem weitgefächerten Repertoire der Chormusik der Romantik haben die Sängerinnen und Sänger gemeinsam mit dem Neuen Kammerorchester Potsdam unter der Leitung von Ud Joffe musiziert. Neben der Schubert-Messe erklangen Choralvertonungen von Felix Mendelssohn Bartholdy und Motetten von Anton Bruckner. Kein oratorisches Schwergewicht war also zu hören, sondern Musik, die vor allem im gottesdienstlichen Rahmen ihre Bestimmung hat, und die die Meditation der Gläubigen befördern möchte. Ja, eine gewisse feierliche Getragenheit ging von dem Chorkonzert aus.

Franz Schuberts Messe in G-Dur von 1815, oftmals von kleinen Gemeindechören aufgeführt, fuhr auch in der großen Besetzung der Potsdamer Kantorei nicht mit Schwulst auf. Nichts wurde dabei monumentalisiert. Die intimen Momente bewegten besonders. Der natürliche und unangestrengte Chorklang, kombiniert mit sehr guter Artikulation, war dafür Garant. Und so konnte Schuberts Mess-Vertonung in hellem Licht erstrahlen. Auch das fein musizierende Neue Kammerorchester Potsdam hatte daran seinen Anteil. Den Solisten reservierte der Komponist nur kurze Abschnitte in seinen vom Chor dominierten Werk. Dennoch fügten sich die Sopranistin Dana Marbach, der Tenor Volker Arndt sowie Tobias Müller-Kopp, Bass, mit ihren stimmlichen Qualitäten angenehm in den vorgegebenen Rahmen ein.

Ud Joffe wählte aus dem Chormusik-Angebot Felix Mendelssohn Bartholdys nicht die Evergreens aus, sondern die Choralbearbeitung „Jesu meine Freude“ und die Choralkantate „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ für Chor und Orchester. Sie sind geprägt von einem starken Traditionsbewusstsein, angereichert mit den damaligen Stilmitteln. Mendelssohns Anspruch beim Vertonen von geistlichen Texten war hoch: „Ich kann mir Musik nur dann denken, wenn ich mir eine Stimmung denken kann, aus der sie hervorgeht. Bloße kunstgerechte Töne, die gut zum Wortfall passen und die auch bei starken Worten forte und bei sanften piano gehen und hübsch klingen, aber nicht was aussprechen, die hab ich von jeher nicht verstehen können.“ Und so gibt der Komponist den berühmten Chorälen, die in den Gemeinden zu Hause sind, jeweils einen eigenen und nachhaltigen Ausdruck. In der Potsdamer Kantorei fanden die Chorwerke engagierte Interpreten. Die kraftvolle Klangpracht und das Lyrische der Musik konnten sich unter Ud Joffes Leitung wunderbar entfalten. Frisch und zupackend wurde gemeinsam mit dem Neuen Kammerorchester Potsdam musiziert und allzu Süßliches vermieden, das überall lauert. Innig sang die Sopranistin Dana Marbach das Solo in „Wer nur den lieben Gott lässt walten“.

Von einem großen Chor gestaltet, der ansonsten fast nur das Oratorium pflegt, können die drei a cappella gesungenen Motetten des Spätromantikers Anton Bruckner, der ein begnadeter Kirchenmusiker war, problematisch sein, vor allem was die Innenspannung und die Intonationsreinheit betrifft. Auch bei den gesungenen Chorsätzen Locus iste, Os Justi und Christus factus est. Die Potsdamer Kantorei konnte aber auch damit weitgehend punkten. Dazu gab es ein ausgewogenes Klangbild mit ausdrucksstarker Gestaltung. Herzlich war der Beifall der Zuhörer für ein andachtsvolles romantisches Chorkonzert.Klaus Büstrin

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