Kultur: Angestrengter Tanz
Der Potsdamer Maler Rayk Goetze stellt seine Bilder in der Galerie Romstedt aus
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Der Potsdamer Maler Rayk Goetze stellt seine Bilder in der Galerie Romstedt aus Von Götz J. Pfeiffer Die Galeristin und der Minister waren sich nicht einig. „Die Bilder sprechen eigentlich für sich“, erklärte Kornelia Romstedt, Betreiberin der gleichnamigen Galerie in der Lindenstraße, sich selbst. Dem Vernissagenpublikum erklärte sie damit allerdings nichts. Und auch dem anwesenden Günter Baaske war das ganz offenbar zu wenig. „Ich stehe hier wie ein Depp“, bekannte er mit sympathischer Offenheit in munterem Plauderton und zeigte auf die ausgestellten Bilder. Artig bedankte sich die Galeristin für das Kommen und die Worte. Seine Sprachlosigkeit kann man Brandenburgs Sozialminister noch nicht einmal übel nehmen, bewegte er sich doch auf fremdem Gebiet. Trotzdem wusste er noch aus eigener Assoziation beizusteuern, dass für ihn als nicht gerade begnadeten Tänzer diese Bewegungsform immer Arbeit bedeute. Auch beim Betrachter stellt sich der Eindruck von Anstrengung schon beim erstem Blick über die kleine Ausstellung ein. Und dies bleibt auch nach längerem Betrachten so. Zu den mehr als zwölf gezeigten Arbeiten wurde Rayk Goetze im Juli 2003 durch die Sommertanzwoche angeregt, die die Palucca-Schule Dresden jedes Jahr auf Hiddensee veranstaltet. Erste Ergebnisse zeigte er letztjährig bereits in einer Ausstellung im dortigen Haus am Hügel. Warum fühlte sich der Minister an Arbeit und Anstrengung erinnert, als er auf die Bilder schaute? Vielleicht wegen des künstlerischen Gestus, der in allen Arbeiten spürbar ist und sich hier in sichtbaren Spuren des Pinsels, dort in der tastenden Linie der Kohle zeigt. Im Blick über die mit Öl und Acryl gemalten Bilder ist aber auch das Oberthema „Tanz“ als mühevolles, erdenschweres Unterfangen dargestellt. Da hockt ein junger Mann in „Pause“, der einzigen Zeichnung, auf dem Boden und schaut auf etwas Undefinierbares, das er mit spitzen Finger dicht vor seine Augen geführt hat. Von einer Lockerung, die jeder Muskel nach der Entspannung benötigt, ist hier nichts zu spüren. Am ehesten noch von einer Konzentration des Sitzenden, doch die bleibt so äußerlich wie nebensächlich, wird der Betrachterblick doch durch eine Vielzahl verschiedener Linien immer wieder abgelenkt und auf Irrwege geleitet. Möglicherweise fühlte sich Minister Baaske auch an Arbeit und Anstrengung erinnert, weil Goetze auf die mittelformatigen Leinwände und Hartfaserplatten nicht nur Farbe aufgetragen hat, sondern darüber auch Linien aus Kohle und Ölkreiden legte. So auf „Paar Kanapee“, wo große gelbe, weiße und grünliche Flächen den Hintergrund, das Möbelstück und auch die Menschen abgeben, die dann mit Linien im Umriss gefestigt, in der Binnenzeichnung strukturiert werden. Leider wirkt diese malerisch-zeichnerische Technik nicht als Fülle des Ausdrucks. Vielmehr erscheint es, als traue Goetze seiner eigenen Malerei nicht und versuche ihr mit grafischen Mitteln aufzuhelfen. Seine Stärken liegen eindeutig im Zeichnen, wie die ausliegende Mappe „Beinarbeit“ mit kleinen Blättern beweist. Aber in seinen grafischen Arbeiten sind die Linien und Striche mit Farben übergangen, die mehr als die mehr als einmal Ungeschicklichkeiten zu überspielen versuchen. Angestrengt wirken die gezeigten Arbeiten auch, weil Motive und Beiwerk eines Tanzes attributiv vorgeführt, aber nicht lebensvoll in die Szenenintegriert sind. So wurde bei der von oben gesehenen „Tänzerin mit weißem Rock“ das Tänzerröckchen zum weit ausschwingenden Petticoat, erscheint die Tänzerin in der Bewegung festgefroren, die Szene oberflächlich und plakativ. Und auch vor anderen Bildern, ob dem mehrteiligen „Tanzsommer“, der querformatigen „Beinarbeit“, der „Szene“ oder der „Tänzerin in Grau“, zeigt das Personal wenig Leben, das man im Tanz doch erwarten würde. Alle Tänzer sind wie in einem Schockzustand eingefroren. Man könnte meinen, Goetzes wahrer Nachname laute Gorgo und er habe seine Motive mit Medusenblick in der Bewegung erstarren lassen. Man sollte aber nicht urteilen, Goetze habe kein künstlerisches Potenzial. Das Studium in Leipzig bei Arno Rink hat den geborenen Rostocker nachhaltig geprägt. Denkt man an Neo Rauch, ebenfalls Student von Rink und Meisterschüler von Bernhard Heisig, versteht man, in welche Richtung auch Goetze seine Farben mischt. Doch die an Rauchs Bildern gelobte große Fabulier- und Erzählkraft sucht man bei Goetze vergebens. Und auch die an Rauchs Bildern gepriesene Verführung und Anregung, die Distanz zum Betrachter wahrt und ihn damit zu genauer Wahrnehmung auffordern. Denn Goetzes Arbeiten sind ein angestrengter Tanz der Farben und Linien. Rayk Goetze“s Tanz in der Galerie Romstedt, Lindenstr. 5, Mi-So 14-19 Uhr.
Götz J. Pfeiffer
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