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Kultur: Anspruchsvolle Ambitionen

Amateurmusiker aus Apeldoorn und Potsdam im Konzert

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Amateurmusiker aus Apeldoorn und Potsdam im Konzert Es sei zwar löblich, Musik zu hören, doch bleibe man dadurch nur ein halber Mensch. Ein ganzer werde man erst, wenn man selber musiziere. Das Collegium musicum Potsdam hält sich seit knapp sechzig Jahren an diese Spruchweisheit, als es als „ Liebhaberorchester“ gegründet wurde. Zur Zeit sind es rund 50 Laien- und Berufsmusiker einschließlich mancher musikpädagogischen Lehrkraft, die unter Leitung von Knut Andreas die Hürden klassischer Musik vom Barock bis zur Neuzeit meistern wollen. Wie gut und engagiert es ihnen gelingt, beweisen sie im übervollen Babelsberger Bethlehemkirchsaal. Als Schirmherrin konnten sie Johanna Wanka, Brandenburgs Kulturministerin, gewinnen, die sich an diesem Sonntagnachmittag auch persönlich die Ehre gibt und für laienmusikalische Betätigungen jedweder Art eine verbale Lanze bricht. Das gibt Auftrieb und bestätigt dem Potsdamer Ensemble anspruchsvolle Ambitionen. Doch auch die niederländischen Gäste, das aus 25 Amateurmusikern bestehende Symfonieorkest Het VIE (Veluws Instrumentaal Ensemble) aus Apeldoorn, hören solche Botschaften gern. Sie auch sind es, die unter Leitung von Dick Verhoef dem deutsch-niederländischen Musikertreffen zuerst die Akzente setzen. Es sind heimatliche Klänge, unserem Hör- und Wissensschatz völlig unbekannt. Von Hendrik Andriessen (1892-1981) erklingen die Liedvertonungen „Magna res est amor“ (Die Liebe ist ein großes Gut) und „L''invitation au voyage“ (Einladung zur Reise), in der sich der lyrische Sopran des niederländischen Gastes Mies Jansen-Arends breit und glänzend verströmen kann. Ob emphatische Anrufung der Liebe oder die etwas schwülstige Reiseempfehlung für Amsterdam – stets sind Anklänge an die charmanten und klangsüffigen Eingebungen eines Faure, Franck und Duparc unüberhörbar. Ziemlich „schräg“ klingt dagegen die 8. Sinfonie „La Celebrazione“ von Jurriaan Andriessen (1925-1996). Doch was davon geht aufs Konto des Tonsetzers, was ist den Intonationsunsauberkeiten der Musiker geschuldet? Das Stück verwendet Klangbildungen à la Prokofjew, Verdi und Schumann. Herrlich klangverfremdet hört sich das Menuett mit seinen höfischen Barockfloskeln an, reich synkopiert tanzt das finale Rondo festivo vorüber. Nach dem Orchesterwechsel spielt das Collegium musicum die speziell für Laienmusiker komponierten Drei Stücke für Orchester op. 83 von Gisbert Näther. Sie sind überschaubar, gleichsam quirlige Spielmusiken mit sentimentalen Einschüben. Mit Witz und Können werden die Anforderungen an Intonation, Präzision und Klangsinn eingelöst. Das Notturno begibt sich dabei in Debussysche Faun-Nähe, mit flirrenden Naturbeschreibungen und dankbaren Aufgaben für Bläser nicht sparend. Burleskes „Petruschka“-Treiben hält das Rondo bereit. Direktes Musizieren bestimmt dagegen die Wiedergabe des Gitarren-„Concierto de Aranjuez“ von Joaquin Rodrigo (1901-1999) in einer von Komponisten autorisierten Harfenfassung. Die niederländische Solistin Ulrike von Meier zupft den rhythmisch vertrackten Solopart sehr sicher und ausdrucksvoll, zaubert im Adagio zarte Sehnsüchte und Schmachtendes. Das Orchester begleitet solide, wobei es bei den Pizzicati etwas unkoordiniert wuselt. Gemeinsam, das heißt im 72-köpfigen Aufgebot und unter niederländischer Stabführung, erklingt die auf sattem Streicherfundament ruhende Respighi-Bearbeitung des Bach-Chorals „Wachet auf, ruft uns die Stimme“. Dagegen gelingt der „Blumine“-Sinfoniesatz von Gustav Mahler trotz redlichen Bemühens kaum überzeugend. Zum Abschluss dirigiert Knut Andreas (geb. 1979) seine originelle Komposition „reminESzenzen.nl“, wobei sich Dick Verhoef des herrlich verjazzten Teil annimmt. Den (lärmenden) Schluss taktschlagen sie gemeinsam. Das macht Effekt. Die Musiker werden lautstark gefeiert.Peter Buske

Peter Buske

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