Kultur: Aquarelliert
Michael Klier stellte im Thalia seinen Film „Alter und Schönheit“ vor
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Männer wollen die Ersten, Besten und Größten sein und glauben, damit auch die Glücklichsten zu werden, sagt Regisseur Michael Klier. „Ein Trugschluss“, betont er und hält in seinem Film „Alter und Schönheit“ die menschliche Nähe dagegen. Am Sterbebett von Manni lässt er die einstigen Freunde antreten, um dem Tod ins Auge zu schauen und das eigene Leben zu hinterfragen, für das ein Neuanfang nie zu spät sei. Mannis Ferrari ist für Klier ein Symbol der Vergeblichkeit, der Erfüllung hinterher zu jagen. „Man wird nicht zufriedener, in dem man schneller fährt“, so der Regisseur am Sonntagabend bei einem Filmgespräch im Thalia.
Er setzte in seinem „Filmgedicht“ rigoros auf Entschleunigung. Seine fünf Helden steuern langsam und beschaulich durch die Szenen, „ohne jede Gefühlsduselei“, wie er betont. Im Vordergrund stand für Klier die Hilflosigkeit im Umgang mit Sterbenden. „Die Emotionalität dieser scheinbar erfolgreichen Männer ist auf der Strecke geblieben.“ So können sich die Freunde am Anfang nicht umarmen, „so ging es mir früher auch.“ Aber die Emotionalität sei für die Prägung der Gesellschaft absolut wichtig. „Gerade deutsche Männer sind hart und schnell mürrisch und zeigen kaum Gefühle. Wir haben gesehen, was Männer, die autoritär sind, aus unserem Land immer wieder gemacht haben. Jetzt verzockten sie gerade das ganze Kapital.“
Der Regisseur, bekannt durch „Der Riese“, „Heidi M.“, „Ostkreuz“ oder „Farland“, suchte sich für seinen neuen, bedeutungsschwangeren Film namhafte Schauspieler: Henry Hübchen, Burghardt Klaußner, Armin Rohde, Peter Lohmeyer. „Sie alle haben einen Namen, große Ansprüche und sind verwöhnt.“ Es sei eine diplomatische Aufgabe gewesen, sie zusammen zu bringen, so dass keiner im Vordergrund stand und mehr Großaufnahmen als der andere hatte. Einzig Henry Hübchen sei völlig uneitel gewesen. Doch gerade die Rivalität der Schauspieler, die es ja auch unter Freunden gebe, habe für Dynamik gesorgt. „Deshalb ließ ich sie auch zu.“ Zwischen den Drehs hätten die Schauspieler über ihre eigene Angst vor dem Alter und darüber, wie man sich fit halten könne, gesprochen. „Gerade sie verdienen nur Geld und Geld und machen jeden Film. Aber es geht nicht um Dinge, die man kaufen kann, obwohl uns die Gesellschaft das gerade wieder suggeriert.“ Er habe versucht, seinen Film als Aquarell zu malen, nicht als schweres Ölgemälde, so der 1943 in Karlsbad geborene Regisseur, der mit seinen Eltern nach dem Krieg aus dem Sudetenland ausgewiesen und nach Radebeul geflohen ist. Mit 14 ging er nach Westberlin, wo er sich für eine Mark jeden Nachmittag seine Kinoträume erfüllte.
Sein eigener, 1989 gedrehter Film „Überall ist es besser wo wir nicht sind“ läuft jetzt im Sonderprogramm der Berlinale zu 20 Jahre Mauerfall. Er ist gerade auch in der Debütfilm-Reihe der „filmgalerie 451“ auf DVD erschienen – mit einem Interview Michael Kliers. Darin betont er, dass für „Alter und Schönheit“ der Erfolgsdruck, Zuschauer zu machen, groß sei. „Wenn er nicht läuft, kriege ich Schwierigkeiten, den nächsten zu produzieren.“ Im Thalia konnte Michael Klier nun ein neues Projekt ankündigen, eines, das er in Potsdam drehen wird. Heidi Jäger
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