zum Hauptinhalt

Kultur: Architektonisch bewegt

Bilder des spanischen Malers und Bühnenbildners Fernandez y Gonzalez in der Galerie Benkert16

Stand:

Bilder des spanischen Malers und Bühnenbildners Fernandez y Gonzalez in der Galerie Benkert16 Mit der Christina-Sustersic-Ausstellung „Maske und Wandlung“ empfahl sich die Galerie Benkert16 im vorigen Jahr erstmals dem Potsdamer Publikum. Ihre Inhaber Fischer (Pseudonym Sustersic) und Hendel fühlen sich im Spannungsfeld von Kunst, Architektur und „Economy“ ganz dem Erbe des Baumeisters Gontard verpflichtet, wovon auch die Nachfolge-Exposition „Nur Wortspiele?“ derselben Künstlerin und Kunsttherapeutin zeugte. „Wenn Statik bewegt“ titelte das Journal „Kultur-Kanal“ in seiner jüngsten Ausgabe über jene Präsentation. Statik und Bewegung scheinen auch ein Plaisir des spanischen Malers und Bühnenbildners Alfredo Fernandez y Gonzalez zu sein, doch wie er Häusern, Fassaden, Straßen und zuletzt auch Stühlen durch seine „architektonische Malerei“ zum Leben verhilft, kann man nur in einer Beimappe der Galerie ersehen. Die aktuelle Verkaufsausstellung „Vorsicht Mensch!“ geht ästhetisch den umgekehrten Weg, sie sucht in den Gesichtern alternder Menschen gleichsam nach Architektur. Aber was ist das Resultat gegen den Prozess: Y Gonzalez lebt seit zehn Jahren in Berlin. Vor fünfen hatte er damit begonnen, Menschen in Altersheimen mehrfach zu porträtieren, um die (allesamt mit Ölkreide auf Papier gebannten) Bildnisse anschließend mit ihnen zu diskutieren. Manche erkannten sich mit Befremden wieder, manchmal erkannten den Zimmernachbarn eher, als dieser sich selbst. Jener „soziologischen“ Methode ist der 1956 in Bilbao geborene Künstler treu geblieben: auf gleiche Weise entstanden Serien aus einem Strafvollzug, derzeit arbeitet der Spanier mit Jugendlichen. arte strahlt im Herbst sogar einen Film darüber aus. Gesichter also, schöne, ernste, kluge, bedrängte, prüfende, den Bildrahmen füllend, manchmal sogar darüber hinaus. Hintergrund schwarz, Identifikationspunkt die Augen, welche sich, nebeneinander gehängt, allesamt auf einer Ebene befinden, braun, schwarz, grau. Die 24 Exponate sind bis auf wenige ohne Namen und Titel, dazu eines Preises. Dass an ihnen „gearbeitet“ wurde, zeigt der französischsprachige Katalog: Man hat dort verschiedene Fassungen eines Porträts in der Vertikalen überblendet, links zu rechts: Unterschiede fallen auf, vor allem aber Gemeinsamkeiten - das Typische erscheint. „Vorsicht“ vor wem? Im Original hat sie y Gonzalez holzschnittartig und stilistisch fast einheitlich gestaltet, kräftige Striche, überdeutliche Schattierungen erinnern an den Stil der Expressionisten; manchmal grüßt auch Landsmann Picasso dezent. Nur ein Porträt inmitten (Nr. 12) trägt roten Grund, das Selbstbildnis eines jüngeren Mannes, dynamischer Typ mit kritischen Augen – der Maler signalisierte Zugehörigkeit zu seinen Modellen. Dies gehört genauso zur Ausstellungskonzeption wie ein Rahmen mit Spiegel, additiv für den Betrachter gedacht. Separat wurde eine Leihgabe mit ovalem Rahmen gehängt, von der Ausstellung selbst sei bisher noch nichts verkauft, sagte Co-Galerist Hendel. Er wollte diesen „besonderen“ Künstlern dem hiesigen Publikum nicht vorenthalten. Doch ohne Kenntnis seines „interaktiven“ Arbeitsverfahrens (kein Papier berichtet davon) ist das nur die Hälfte vom Ganzen. Vielleicht auch nicht, denn die bewusst architektonische Sicht auf das menschliche Antlitz fordert wie stets ihren Preis: Strahlen diese Bilder Stringenz, so auch etliche Kühle aus, nicht untypisch für die Moderne. Vielleicht sagte mancher skeptische Blick eines Porträtierten im Stillen: Vorsicht, Künstler! ... Gerold Paul Bis zum 20. Juli, Di-So 14-18 Uhr

Gerold Paul

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })