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Kultur: Auch Beethoven hat den Blues

Die Legende Mitch Ryder gibt heute mit der Band Engerling im Lindenpark ein Konzert

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Die Legende Mitch Ryder gibt heute mit der Band Engerling im Lindenpark ein Konzert Mitch Ryder hat die Höhen und Tiefen des Rock“n“Roll-Geschäfts überlebt und steht heute Abend auf der Bühne des Lindenparks. Bereits als Jugendlicher landete der aus der US-Autostadt Detroit stammende Sänger mit den schweißtreibenden R''n''B-Nummern „Jenny take a ride“ und „Devil with blue dress on“ in den Top-Twenties. Aber die Euphorie der 60er Jahre war schnell verflogen und Ryder musste als ganz gewöhnlicher Fabrikarbeiter sein Geld verdienen, bis er sich Ende der 70er mit neuer Band und Platte zurückmeldete. Als „legendär“ haben die deutschen Fans den TV-Auftritt 1979 im ARD-Rockpalast in Erinnerung. In der Essener Grugahalle zelebrierte ein wohl betrunkener Mitch Ryder ein magisches Konzert mit markerschütternden Schreien und seinem unverwechselbaren Timbre in der Stimme. Ryder ließ die Spannung für das Publikum greifbar werden. Der Doors-Song „Soul Kitchen“ geriet dabei zu einer eindrucksvollen Interpretation und gehört seitdem in Mitch Ryders Live-Repertoire. Heute genießt der mittlerweile 60-jährige Mann aus Detroit in Deutschland Kultstatus. Mit „Engerling“, der ostdeutschen Blues-Band, hat Ryder adäquate Weggefährten gefunden, mit denen er bisher drei CDs veröffentlichte. Im Mai 1988 traf Gert Leiser, der damals als Tourmanager für die Künstleragentur der DDR arbeitete, Ryders Agenten. Die beiden freundeten sich an. Im Herbst 1993 schlug man dem Sänger vor, mit der Band „Engerling“ zu arbeiten. Für Mitch Ryder bot sich dadurch die Möglichkeit, sich künstlerich weiter zu entwickeln. Bislang spielte seine Band immer nur das Repertoire aus den 60er Jahren , „denn die Fans in den USA wollten nur das hören“, sagt Ryder in einem Gespräch mit den PNN. Im Januar 1994 produzierte der amerikanische Sänger dann die erste gemeinsame CD („Rite of Passage“) mit Engerling, jetzt sind sind sie das achte Mal zusammen auf Tournee. Ein eindrucksvolles Produkt dieser Kooperation stellt die CD „A Dark Caucasion Blue“ dar, auf der traditionelle Bluesnummern neben kraftvollen Rocksongs zu hören sind. „Deutsche Musiker sind nicht mit der amerikanischen Tradition des Blues groß geworden und können deshalb freier damit umgehen“, beschreibt Ryder den Unterschied zu seinen US-Kollegen, „ außerdem sind ostdeutsche Musiker sehr gut ausgebildet. Ich danke Gott, dass ich ich diese Jungs kennen gelernt habe!“ Der Titel der CD spielt mit Gegensätzen und demVorurteil, dass „weiße“ Menschen nicht den Blues singen könnten. Denn als „Kaukasier“ bezeichnet man in Amerika ganz allgemein die „Weißen“, wie man mit „Neger“ die Farbigen diskriminierte. Mitch Ryder hat einen weiten Begriff für das, was er als „Blues“ bezeichnet. Auch das alte Kinderlied „Maikäfer flieg“, das er auf der CD singt, sei Blues, weil es zeige, „wie stark die Kinder im Krieg sein mussten“ und den „Decidedly British Blues“, der textlich und musikalisch auf Beethoven zurückgeht, würde der schwerhörige, „traurige Mann“ heute selber als „Blues“ bezeichnen“, meint Ryder. Für einen 60-Jährigen hat Mitch Ryder noch eine ganze Menge Zukunftspläne, trotz einiger gesundheitlicher Probleme. Im April wird ihm in seiner Heimatstadt Detroit ein neues Hüftgelenk eingesetzt. „Die Ruhepause werde ich dazu nutzen, an meiner Biografie weiter zu schreiben. Zunächst aber will er das verloren geglaubte Live-Material seiner Konzerte aus den 60ern, das im letzten Jahr wieder auftauchte, auf CD bringen. Auch mit Engerling soll die kreative Zusammenarbeit weitergehen: Im Oktober oder November dieses Jahres starten die Aufnahmen für eine neue CD, die dann von der Plattenfirma „Buschfunk“ vertrieben wird und mit der Ryder und Engerling ab Anfang 2006 auf Tour gehen. „Rock“n“Roll ist nicht tot“, sagt Mitch Ryder, die Musik verändere sich nur ständig, sei „am Leben“. Karsten Sawalski

Karsten Sawalski

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