Kultur: Auf der Suche
Filmgespräch über „Jack“ im Thalia Filmtheater
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Stärke. Das ist es, was Jack auszeichnet. Eine verzweifelte, aufgezwungene zwar, aber dennoch eine ungebrochene, alles überwindende Stärke, die sich trotz aller Traurigkeit auf den Zuschauer überträgt. Ihn dazu bringt, sich aufzurichten, hinzusehen, vielleicht auch verwundert den Kopf schütteln lässt, aber vor allem den Drang weckt, etwas zu tun. So wie der Protagonist Jack es in dem gleichnamigen Film tut. „Jack“ lief bereits erfolgreich auf der Berlinale und dem ersten Internationalen Filmfest Potsdam, bei dem auch Regisseur Edward Berger zu Gast war. Am vergangenen Dienstag stellte er den Film zusammen mit seiner Ehefrau und Co-Drehbuchautorin Nele Mueller-Stöfen noch einmal im Babelsberger Thalia-Kino vor.
Jack (Ivo Pietzcker) ist ein zehnjähriger Junge, der sich verantwortungsvoll um seinen jüngeren Bruder Manuel (Georg Arms) kümmert, während seine junge, alleinerziehende Mutter Sanna (Luise Heyer) das Berliner Partyleben auskostet. Doch als Jack eines Tages Manuel in zu heißem Wasser badet und sich sein kleiner Bruder verletzt, schreitet das Jugendamt ein. Jack muss daraufhin ins Heim, von wo er nach einem tragischen Vorfall wieder abhaut und sich auf den Weg nach Hause macht. Dort findet er weder seine Mutter noch Manuel, den er schließlich bei einer Bekannten ausfindig macht. Gemeinsam gehen die Brüder in Berlin auf die Suche nach ihrer verschwundenen Mutter.
„Jack“ ist neben vielen Fernsehproduktionen Edward Bergers zweiter Spielfilm. Für sein Debüt „Gomez“ von 1998 erhielt er den Grimme-Preis. Wie er im Filmgespräch am Dienstag sagte, sei ihm die Idee zu „Jack“ gekommen, als er mit seinem Sohn an einem Sonntag Fußball spielte und ein Junge mit Ranzen fröhlich an ihnen vorbeilief. „Mein Sohn erzählte mir, dass das ein Klassenkamerad von ihm sei, der die Woche über im Heim lebt“, so Berger. „Für mich war das total widersprüchlich, dass der Junge dabei so fröhlich aussah und sofort dachte ich, das müsste eine Geschichte werden.“ Wie Nele Mueller-Stöfen erzählte, schrieben sie das Drehbuch abwechselnd und immer in Absprache miteinander. Um die Geschichte so glaubhaft wie möglich erzählen zu können, betrieben sie eine fast drei Jahre lange Recherche in Heimen, bei der Arche, beim Jugendamt und sprachen auch mit betroffenen Kindern selbst.
„Am Anfang dachten wir auch noch, wir müssten unbedingt einen Darsteller für Jack finden, der selbst ein solches Schicksal erlebt hat“, so Berger. „Wir haben aber schnell gemerkt, dass diese Kinder sich nur bis zu einem bestimmten Punkt öffnen, weil es dann einfach zu privat in ihr Leben reingeht.“ Ein Darsteller mit Filmerfahrung kam für die Filmemacher trotzdem nicht in Frage. Insgesamt acht Monate dauerte dann das Casting, bei dem sie erst zwei Monate vor Drehbeginn auf Ivo Pietzcker stießen, der sie sofort mit seiner Kraft beeindruckte, wie Berger sagte. „Wir haben eine Improvisation mit ihm gemacht und der hat uns von jetzt auf gleich alles gegeben“, so der Regisseur. „Ohne Scheu hat er geschrien und gekämpft – da sind wir glücklich nach Hause gegangen.“ Diese Kraft, die er auch auf seinen Filmcharakter übertragen hat, ist für Berger das Hoffnungstragende des Films. Der hat seiner Meinung nach auch ein glückliches Ende, da Jack das starke Band der Mutter-Sohn-Liebe überwindet und seinen eigenen Weg geht. Eine Aussage, über die es sich nachzudenken lohnt. Sarah Kugler
„Jack“ ist im Thalia Filmtheater in der Rudolf-Breitscheid-Straße 50 zu sehen.
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