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Kultur: Auf in’s Mendelssohn-Jahr

Orgelkonzert mit Tobias Scheetz in der Klein-Glienicker Kapelle

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Der guten Wünsche für’s neue Jahr gibt es aus Poetenfeder viele: dass einem gute Menschen zur Seite stehen; dass Strahlen der Sonne erwärmen und nicht verbrennen sollen; dass man sich dankbar der guten Dinge des vergangenen Jahres erinnern möge und seines Lebens freue. Mit dem jahresanfänglichen Orgelkonzert „Auf in’s Mendelssohn-Jahr“ in der trotz ungemütlichen Matschwetters gut besuchten Klein-Glienicker Kapelle war diesbezüglich ein guter Anfang getan, denn es erwärmte die Seele der Zuhörer. Doch der Potsdamer Organist Tobias Scheetz hatte für den Start in das so jubiläumsreiche 2009 nicht nur weitgehend selten gespielte Stücke des Jubilars ausgesucht, sondern sie mit Werken von Mendelssohns Zeitgenossen in einen spannenden Zusammenhang gebracht.

Natürlich durfte dabei auch Johann Sebastian Bach nicht fehlen, den Mendelssohn wegen dessen musikalischen Ordnungssinns und Regelhaftigkeit sehr verehrte. Aus der Beschäftigung mit dem barocken Übervater gewann er sich seiner Musik jene unvergleichliche Schönheit und Wahrheit hinzu, die noch heute – oder gerade heute wieder – so zu faszinieren versteht. Doch statt eine der gewichtigen Sechs Orgelsonaten op. 65 zu spielen oder zu einem Doppelpack aus Drei Präludien und Fugen op. 37 zu greifen, entschied sich Tobias Scheetz für kleine, kaum bekannte Piecen.

Klangdüster und festen Grave-Schritts erklang das d-Moll-Präludium, das Mendelssohn als sein erstes Orgelstück 1820 geschrieben hatte. Sollte sich in ihm die evangelische Glaubensfestigkeit symbolisieren? In schnarrenden Registern und ausdrucksgewichtig erklang die c-Moll-Passacaglia, obschon etwas verspielter als das zuvor dargebotene, streng kontrapunktisch sich entwickelnde Bach-Gegenstück. Dieses hörte sich wie ein Actus tragicus an, der sich nur langsam aus einer Umklammerung löst, in hellgetönte Register und zügige Tempi mündet. Ein gut durchdachtes Stimmenmix ließ ein durchdringendes, gläsern getöntes Soloregister entstehen.

Nicht weniger stimmungsdicht, auch gebührend effektvoll, zeigte sich Bachs vierteilige Pastorale F-Dur BWV 590, eine Hirtenmusik weihnachtlichen Charakters, die der Organist dem Inhalt entsprechend registrierte. Für schalmeien- bis dudelsackähnliche Klänge sorgten im Wechsel das jeweils achtfüßige Fanfaro- oder Oboen-Register. Ähnlich einer Hirtenpfeife und mit reichlich Tremulant-Gebrauch erklang das Solo für die rechte Hand, sprudelnd und zügig die finale Fuge mit dem Geklingel der Zimbelsterne. Vergleichsweise fröhlich, dann festlich-strahlend im vollen Orgelwerk setzte Mendelssohns d-Moll-Allegro der Begegnung der wesensverwandten Komponisten ihren krönenden Abschluss.

Dazwischen kündeten stimmungskontrastierende Choralvorspiele („Es ist ein Ros’ entsprungen“, „Herzlich tut mich verlangen“, „O Welt, ich muss dich lassen“) aus Johannes Brahms’ op. 122 für dessen Vorliebe für Liedmelodien, wie sie sich auch in Mendelssohns uvre so überreich finden. Mit der G-Dur-Fuge op. 60 Nr. 3 über den Namen B-a-c-h war Robert Schumann das Bindeglied zwischen Barock und Romantik.

Und das C-Dur-Allegretto op. 22 Nr. 2 des dänischen Komponisten Niels Wilhelm Gade, schlicht und verinnerlich vorgetragen, erinnerte daran, dass dieser in Leipzig sich Schumann und Mendelssohn zu Freunden gewann, wobei er als zweiter Dirigent die Gewandhauskonzerte dirigierte, nach Mendelssohns Tod dessen Position als Gewandhauskapellmeister übernahm.

Ein überzeugender, dankbar aufgenommener Auftakt ins Mendelssohn-Jahr in Klein-Glienicke.Peter Buske

Peter Buske

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