Kultur: Auf schwungvolle Reise
Frühlingskonzert des Potsdamer Männerchors im Nikolaisaal unter der Leitung von Stefan Bohle
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„Ein Lied – ein Bier“. So heißt es oftmals, wenn Männer in fröhlicher Runde singen, hin und wieder auch völlig unkontrolliert. Und das gibt es auch: „Ein Wein – ein Lied“. Im Nikolaisaal konnte man am Samstagnachmittag viele Lieder vom Wein hören, nicht von irgend einem Wein, sondern vom funkelnden Ahrwein, der rot wie Rubin ist. Der Männerchor Bachem 1904 e.V. Bad Neuenahr-Ahrweiler muss es schließlich wissen, denn an der Ahr werden köstliche Weine angebaut.
Der Potsdamer Männerchor lud die Bachem-Sangesfreunde unter der Leitung von Bardo Becker zu seinem traditionellen Frühlingskonzert ein. Betitelt wurde der Nachmittag „Jetzt kommen die lustigen Tage“. Heiterkeit durchzog die zweieinhalb Stunden. Bei den Gästen gab es also sehr viel Weinseliges. Nicht, dass sie weintrunken auf der Bühne lallten, sondern ihre Programmfolge war ein wenig zu einseitig. Gern hätte man mehr über das Repertoire des Chors erfahren. Doch mit dem weitgehend feinen Klangbild konnte er gut punkten.
Dirigent Ronald Reuter, der jahrzehntelang das künstlerische Profil des Potsdamer Männerchors prägte, verabschiedete sich unlängst als Leiter von „seinem“ Ensemble. Nachfolger wurde Stefan Bohle. Der 35-Jährige studierte in Düsseldorf Kirchenmusik und war er als Kantor an einer Kirche in der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens tätig. Vor einigen Jahren wechselte er in die Berlin-Potsdamer Region. Hier ist er unter anderen in der Justizvollzugsanstalt Tegel tätig, organisiert die musikalische Betätigung von Gefangenen. Mit dem dortigen Chor hat Bohle Ende April einen Rundfunkgottesdienst mitgestaltet.
Vor zwei Jahren gab es Kontakt zum Potsdamer Männerchor. Nach einer „Schnupperzeit“ entschieden die gut 100 Sänger, dass sie und Stefan Bohle eine „Ehe“ eingehen können. Am Samstag hatte der „Neue“ nach dem Adventskonzert des vergangenen Jahres wieder allein das Sagen, war für das Programm, für die Einstudierung und für das Konzertgeschehen verantwortlich.
Der erste optische Eindruck: im Chor gibt es einige junge Gesichter. Dies macht Hoffnung, dass die kostbare Männerchorliteratur in Potsdam nicht verstummt. War der Klang anfangs noch etwas zerfranst, konnte er nach der Pause an Dichte und Wärme gewinnen. Und so wurden die Bearbeitung des gefühlvollen Jazzwalzers von Schostakowitsch, die temperamentvollen kroatischen Volkslieder sowie die schwungvolle „Reise“ in mehrere Hauptstädte der Welt zu schönen musikalischen Erlebnissen. Partner waren der auf dem Akkordeon virtuos aufspielende Anton Kryukow sowie die fröhliche Combo des Landespolizeiorchesters unter der Leitung von Ralf Armbruster. Und Moderator Helmut G. Fritzsch versuchte heiteren Tones die sehr bunt gemischten „Frühlingsblumen“ zu einem Strauß zu binden. Zum Abschluss vereinten sich der Potsdamer Männerchor mit den Sängern von der Ahr zum gemeinsamen Singen, dabei auch der Jägerchor aus Webers „Freischütz“. Das Publikum nahm die Darbietungen, wie erwartet, begeistert an.
Und am 4. Oktober kann man den Potsdamer Männerchor zu seinem 160jährigen Bestehen in einem Festkonzert im Nikolaisaal wieder hören. Klaus Büstrin
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