Kultur: Aufbruch aus dem Grenzland
Der Pianist und Sänger Alexander Heinrich erzählt vom Stolpern aus dem Alten ins Neue. Manchmal ging es ganz schnell.
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Der Pianist und Sänger Alexander Heinrich erzählt vom Stolpern aus dem Alten ins Neue. Manchmal ging es ganz schnell. Innerhalb einer Stunde entstand ein neues Lied. Die Musik, die Texte, was da mit Wucht aus Alexander Heinrich herausbrach, das wurde ihm zum Neuanfang. Das Alte hatte er noch nicht ganz hinter sich gelassen, das Neue jedoch schon fest im Blick. Er spürte, es herrschte Aufbruchstimmung im eigenen Grenzland. „Mein altes Leben war verbrannt.“ Noch mehrmals wird Alexander Heinrich im Gespräch solche oder ähnliche Sätze sagen. Und wenn auch beim Lesen derartiger Aussagen machtvoll der Pathos mitschwingt, so wie Heinrich darüber spricht, klingt es nie übertrieben. Er überlegt, sucht nach den passenden Worten, um zu erklären, was eigentlich so klar und doch nicht immer leicht zu erklären ist. Erzählt er dann, haben seine Augen das Gegenüber fest im Blick. Sie achten darauf, dass das, was er sagt, auch verstanden wird. Einer dieser starken Brüche, die jede Biographie durchziehen, hat auch Alexander Heinrichs Leben verändert. Das sich unaufhaltsame Auflösen der Beziehung, die Trennung und das damit verbundene, nicht mehr tagtägliche Zusammensein mit seinem kleinen Sohn, lange hat der 34-Jährige gebraucht, um damit umzugehen. Diese Zeit des Lernens, des Akzeptierens hat er in Liedern verarbeitet. Irgendwann spürte er, dass diese Lieder genug Kraft haben, um sie auch auf die Bühne zu bringen. Mit „Grenzland“ hat der Pianist und Sänger Alexander Heinrich sein erstes Soloprogramm überschrieben, das am Sonnabend im Spartacus Premiere feiern wird. Mit seinem Solodebüt verlässt Alexander Heinrich als Musiker auch zum ersten Mal die zweite Reihe. In Kyritz geboren, fing er schon im Kindergarten mit dem Musikunterricht an. Mit 13, während einer langen Krankheit, begann seine, wie er sie nennt, intensive Zeit mit der Musik, die bis heute andauert. Damals spielte er viel auf dem Klavier und entdeckte für sich die Improvisation. Er studierte Musikpädagogik in Potsdam und kehrte nach einem kurzen Abstecher nach Trossingen in Baden-Württemberg, wo er einige Semester Keyboard belegte, hierher zurück. Heute arbeitet er als freier Lehrer an der Musikschule „Regenbogen“ in Blankenfelde. Er hat unter anderem für die Theatergruppe „Poetenpack“ komponiert und arrangiert und war zwei Jahre mit der deutsch-afrikanischen Band Konkoba unterwegs. Dabei blieb er immer der stille Mann im Hintergrund, bei dem alle musikalischen Fäden zusammenliefen. Mit „Grenzland“ tritt Alexander Heinrich nun als Sänger in den Vordergrund. Mit kleiner Band wird er seine Lieder spielen, seine Geschichten erzählen, die er aber als Geschichten für jeden versteht. Es seien seine Erfahrungen, doch habe er Selbstbeweihräucherung oder Selbstmitleid immer versucht außen vor zu lassen. Oft hat er die Lieder Freunden vorgespielt, sich deren Kritik unterzogen. Die Begeisterung, die er bei ihnen auslöste, habe ihn bestärkt weiterzumachen. Trotzdem hat er für „Grenzland“ die Person Mark Stein erfunden, die seine Geschichten erzählt. Denn Alexander Heinrich weiß, dass gute Lieder immer persönlich sind. Doch zu den besten Liedern gehören die, die der Zuhörer sich zu eigenen machen kann. So erzählt er mal rockig, mal funkig, mal im Bossa-Nova-Takt von all dem Drumherum des Zwischenmenschlichen. Doch lassen wir das Mark Stein alias Alexander Heinrich erklären: „Der alte Miwaukel zieht wieder übern Boulevard / Er verstreut mit kühler Hand seine neuen Duftgeschichten/ und wer seine Schuhe übers Jahr immer wieder mal ausgezogen hat/ der kann sie finden zwischen all den Stadtluftschwergewichten ... “.
Dirk Becker
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