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Kultur: Aufgedonnert und auf Effekte bedacht „Harfenklänge“

in der Friedenskirche

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„Die Natur der Harfe hat viel Feierliches, Andächtiges, Geisterhebendes“, schreibt Christian Friedrich Daniel Schubart über eines der ältesten Musikinstrumente, „nur muß man dahin sehen, das beständige Pizzicato so unmerklich zu machen, daß es nie in Katzengekrall ausartet, sondern vielmehr unter den Fingern den sogenannten ,Angriff’ bekömmt.“ Für letzteren und sonstige harfenistischen Spielfinessen steht Marie-Pierre Langlamet, Soloharfenistin der Berliner Philharmoniker, mit artistischem Feingefühl uneingeschränkt ein. Von ihrem faszinierenden, weil facettenreichen Können konnte man sich bei ihrem Auftritt am Sonntag bei einem weiteren Friedenskirchenkonzert der Kammerakademie Potsdam begeistern lassen.

„Harfenklänge“ verhieß die Offerte, und das Interesse daran war groß. Schließlich hat das wettstreitende Konzertieren mit einem Orchester aus Harfensicht so seine Tücken. Schon bei mittlerer Lautstärke kann ein Orchestertutti den Klang einer Soloharfe fast zudecken. Also können Komponisten nicht immer aus dem Vollen ihrer tonsetzerischen Eingebungen schöpfen, sind die gestalterischen Möglichkeiten ziemlich eingeschränkt.

Der französische Impressionist Claude Debussy wusste darum und gab mit seinen kontrastierenden „Tänzen für Harfe und Streicher“ dem Instrument, was ihm gebührt: Glanz, Gefühl und Glamour, eingebettet in einen grazilen, dynamisch aufeinander angepassten Sound. Gleitendes und Gleißnerisches zeichnen das ruhige, feierlich einherschreitende Stück „Danse sacrée“ aus, bewegter Farbenrausch die „Danse profane“. Hier wie dort ein ständiges Auf und Ab zwischen Schillerndem und Atmosphärischem, vom Dirigenten Johannes Klumpp mit ausladenden Gesten begleitet. Schlechte Seh-Karten hatte allerdings, wer im rechten Block saß und die Solistin nur hören konnte, weil durch schlechte Aufstellung des Instruments der Blick auf sie durch den Dirigenten unmöglich war.

Mit übergroßem Körpereinsatz, der unfreiwillig in die Nähe zur Hampelei geriet, dirigierte er auch Mozarts Klavierkonzert Nr. 13 C-Dur KV 415 in einer Bearbeitung für Harfe. Den Namen des diesbezüglichen Umarbeiters konnte und wollte das Programmheft leider nicht preisgeben. Dafür die Behauptung „eine klangliche Neuinterpretation des virtuosen Konzerts“. Das Passagenwerk gewinne in dieser Fassung an „Leichtigkeit und Luftigkeit“. Stimmt, aber der differenzierten Ausdruckstiefe des Originals vermag sie kaum zu entsprechen. Was blieb? Der Eindruck von Virtuosenfutter für die Solistin und Haudraufaktionen für das Orchester. Aufgedonnert die paukenlastige Einleitung, schroff und ungeschmeidig. Für die ätherischen Harfenklänge wird abrupt die Dynamik eingeebnet, um in folgenden Zwischenspielen erneut krachledern zuzuschlagen. So gerät langsam aber sicher das Gefüge aus den Fugen, verliert sich Verspieltes filigran in den Gefilden des Unscharfen, wird aus zauberhaftem Andante eine impressionistische Notturno-Studie.

Bewusst gegen den Strich gebürstet, mit Lust ein kontrastgeschärftes Spiel befördernd und sehr auf äußerliche Effekte bedacht, erklingen die Ouvertüre zur Schauspielmusik „Olympie“ des Mozart-Zeitgenossen Joseph Martin Kraus und Haydns Sinfonie Nr. 104 D–Dur, gespickt mit martialischen bis leidenschaftlichen Akzenten, donnernden Paukenschlägen, als bräche bald das Chaos aus. Dafür brandet schließlich der Beifall.

Peter Buske

Peter Buske

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