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Kultur: Aufgelockertes Nummernprogramm

Mit der „BEEThomanie“ wird die Saison „Musik an der Erlöserkirche“ am Freitag eröffnet

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Diese Akademie hat nichts mit wissenschaftlichen Höhenflügen zu tun. Sie schaut vielmehr auf einen verkaufsträchtigen Mix, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Zur Eröffnung seiner Konzertsaison 2012/13 knüpft der Verein „Musik an der Erlöserkirche“ an dieses eingängige akademische Denken an: an das von Beethoven, der sich in seinen Akademien auch als Konzertveranstalter betätigte. Schließlich musste er sich finanziell über Wasser halten. Also organisierte der Maestro Benefizkonzerte für sein eigenes Portemonnaie. Dabei galt es, etwas Besonderes zu bieten, ein zugkräftiges Format. Also streute der Komponist und Agent zwischen seinen großen Instrumental- und Orchesterwerken kleine Gesangsstücke und Romanzen ein, die das Publikum bei Laune hielten. Und so eine Akademie war durchaus abendfüllend, sie konnte sich mit vier, fünf Stunden mit einer Wagner-Oper messen.

Wenn am morgigen Freitag zur „BEEThomanie“ in die Erlöserkirche geladen wird, sprüht nicht nur aus den Kompositionen, sondern auch aus der Zusammensetzung des Programms der Geist des 19. Jahrhunderts. Aber anders als bei den berühmten Beethoven-Akademien in Wien wird der Potsdamer nicht zu einem Sitz- und Hörmarathon gebeten. Es gibt eine abgespeckte, auch finanziell machbare Variante. Denn die Erlöserkirchenmusiker können nicht mit so großen Gönnern rechnen wie einst Beethoven mit seinen Förderern vom Hof. So gibt es vor der Pause mit der Prometheus-Ouvertüre, der Romanze für Violine und Orchester Nr.1 in G-Dur und der „Ah!Perfido, Scene und Arie für Sopran und Orchester“ drei kürzere Stücke, denen sich im zweiten Teil eine Romanze und die 8. Sinfonie anschließen. Mit der „BEEThomanie“ wird auf „Das sinfonische Jahrhundert“ eingestimmt: auf das 19. Jahrhundert, dem sich das Neue Kammerorchester an der Erlöserkirche nun in einer zweiten Saison verschreibt.

„Beethoven wusste sich durchaus gut zu verkaufen. So widmete er der Ehefrau des Hoftheater-Intendanten in Wien eine Klaviersonate. Ein geschickter Schachzug, denn bald darauf durfte er am Hoftheater seine erste Akademie geben“, erzählt Christian Seidel, Vorsitzender des Trägervereins des Neuen Kammerorchesters Potsdam. „Unser Programm ist angelehnt an Beethovens Akademie: ein Nummernprogramm, das man heute nicht mehr so auf die Bühne bringt. Aber wir haben uns bewusst dafür entschieden.“

Als Interpreten gewann der künstlerische Leiter Ud Joffe die junge Sopranistin Mareike Schröter, die an der Opernakademie der Staatsoper arbeitet. Mit Sergej Bolkovets tritt ein Violinist an Joffes Seite, der erstmals in Potsdam zu hören ist und in dieser Spielzeit noch öfter als Konzertmeister agiert. Der gebürtige Russe, der lange in Schweden lebte, spielte unter anderem bei den Berliner Philharmonikern.

Es wird also ein lockerer Einstieg in die neue Saison. „Als Konzertveranstalter haben auch wir die Schere im Kopf: Es müssen Einnahmen reinkommen. Das ist heute nicht anders als damals. Beethoven hatte das Glück, dass ihm oft Adlige beisprangen, darunter auch die russische Zarin mit mehreren Hundert Dukaten. Die Musik an der Erlöserkirche muss im Schnitt mit etwa 3000 Euro im ganzen Jahr auskommen, obwohl es zur letzten Saison sogar 6500 Euro von der Stadt gab.

In dem bevorstehenden „Sinfonischen Jahrhundert“ gibt es insgesamt vier Sinfoniekonzerte, in denen mit Werken von Haydn, Mozart, Weber bis hin zu Prokofjew, der eine der letzten klassischen Sinfonien des langen 19. Jahrhunderts schrieb, das Jahrhundert weit ausgeschritten wird. Und es gibt auch vier Chorkonzerte, die aus dem 19. Jahrhundert gespeist sind. In „Sacred Bridges“ will Ud Joffe heilige Brücken schlagen. Er bringt am 24. November Psalmvertonungen aus christlichen, jüdischen und muslimischen Glaubenswelten zur Aufführung. „Durch ihre menschlich universale Gültigkeit eignen sie sich wie keine andere Textvorlage dazu, das Verbindende zwischen den drei großen Weltreligionen zu sehen“, ist im Programmheft zu lesen, das mit einem leuchtend rotbackigen Apfel aus einem Gemälde des Wiener Malers Carl Schuch für die Romantik und die insgesamt 15 Konzerte in der Erlöserkirche warmtönend wirbt.

1. Sinfoniekonzert, am Freitag, dem 21. September um 19.30 Uhr, Erlöserkirche, Nansenstraße 15, Karten unter Tel.: (0331)8700066

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