
© Anna Mydla
Augen auf, hier ist das Glück: Das Poetenpack aus Potsdam holt Kinderstück „Hans im Glück“ ins Heute
Was wäre ewiger, was aktueller als die Suche nach Glück? Das Potsdamer Theater Poetenpack erinnert daran, dass es auf jeder Nasenspitze zu finden ist.
Stand:
Wie könnte die Geschichte des „Hans im Glück“ dröge sein. Da tauscht einer Gold gegen Pferd gegen Kuh gegen Schwein gegen Gans gegen Schleifstein. Und steht am Ende wieder mit leeren Händen da, lässt sich die gute Laune aber nicht nehmen. Keine böse Hexe oder Stiefmutter, keine Widersacher. Kein Konflikt?
Die Bühnenfassung von Felix Isenbügel hat im verstörenden Optimismus der Hauptfigur selbst das Konfliktpotenzial des Grimmschen Märchens ausgemacht. Ein schlauer Move: Die Inszenierung des Potsdamer Poetenpack stellt dem lederhosentragenden Dauerlächler Hans (Alexandra Johannknecht) einen extrem neidischen, extrem wandlungsfähigen Kobold (Felix Isenbügel) zur Seite. Der Kobold will immer das, was Hans gerade hat und schlüpft fortwährend in neue Rollen und Kostüme, um ihm das abzuluchsen. Ein diabolisches „Ich helfe gerne“ stets auf den Lippen.
Während Hans meint, sich mit jedem Tausch zu verbessern, kriegt der Kobold nie, was er will. Wie Felix Isenbügels Kobold das zusehends auf die Palme treibt, ist eine Freude. Wie er das Publikum dabei versucht, auf seine Seite zu ziehen (was nur teils gelingt: Die Kinder fühlen mit Hans) ebenfalls. Arne Assmann jongliert dazu mit diversen Instrumenten und verschiedensten Registern, musikalisch wird alles begleitet von Hansens fröhlichem Mantra „Heute ist ein schöner Tag“ bis zum von Metzgermeister-Kobold in Vorfreude auf leckeren Schweinebraten vorgetragenen „Wir feiern eine Grillparty“-Rap.
Ein bisschen Political Correctness kann sich die Inszenierung von Janet Kirsten da nicht verkneifen, womöglich zurecht: Im Jahr 2024 kann man nicht mehr davon ausgehen, dass Kinder ab vier die Aussicht auf eine saftige Schweinshaxe als etwas Erstrebenswertes unhinterfragt hinnehmen. Den Zweiflern reicht der Rap („Wir sind verschieden/ wir sind gleich“) versöhnlich die Hand.
Die eigentliche Message dieses Märchens aber war 1812 so gültig wie heute: Glück lässt sich nicht in Gold aufwiegen. Entweder man findet es überall, auf jeder Nasenspitze, oder man findet es gar nicht. Nicht immer vielleicht, aber immer wieder: „Ein Schritt vor, ein Schritt zurück“, singt Hans. „Augen auf, hier ist das Glück.“ Dieses Kinderstück ist zweifellos voll davon.
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