zum Hauptinhalt

Kultur: Aus allerhöchster Schatulle

Das Potsdam-Museum zeigt kaiserliche Präsente – gemeinsam mit dem Haus Hohenzollern

Stand:

Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft und größere wohl erst recht. Das jedenfalls müssen Kaiser Wilhelm II. und seine Gemahlin gedacht haben, wenn sie die Herzen ihrer Untergebenen mit wertvollen Gaben vereinnahmten. Sie schickten mit Brillanten und Rubinen verzierte Broschen und Manschettenknöpfe, Zigarettenetuis und Anstecknadeln auf die Reise: Als Gunstbeweis für besondere Dienste. So bedankte sich Wilhelm II. bei seinem jungen Kammerdiener Spengel, als dieser zwei seiner Dackel mit dem Zug von Berlin sicher auf das ostpreußische Kaisergut Cadinen brachte. Eine „Busennadel“ in Form eines preußischen Adlers mit Brillantsplittern und Saphir veredelte diese gute Tat.

Auch Schauspieler und Sänger erhielten filigran gearbeiteten Schmuck, wenn sie in Aufführungen besonders gefielen. Ihre Majestäten ließen sich das Schenken etwas kosten: 27000 Reichsmark standen dem Kaiser und 9000 seiner Gemahlin jährlich zur Verfügung. Es waren allesamt kunstvoll hergestellte, schillernde Kleinodien, die das Kaiserpaar als Ausdruck besonderer Wertschätzung zustellen ließ, so auch von der Goldschmiede Gadebusch, die bis 1945 in Potsdam arbeitete.

Bei allen Geschenken ist auf dem ersten Blick zu erkennen, wer der Absender war: Denn nie fehlten Monogramm, Krone oder gar das Antlitz des Monarchen. Wie seit gestern in der Ausstellung „Aus allerhöchster Schatulle“ im Potsdam-Museum zu sehen ist, waren die kaiserlichen Geschenke weniger zum Gebrauch, als zum Repräsentieren gedacht: für die Gebenden ebenso wie für die Nehmenden. „Der Kaiser war ausgebufft. Er band durch seine Geschenke auch das Bürgertum an sein Haus“, so Kurator Jörg Kirschstein.

Es ist das erste Mal, dass die kaiserlichen Geschenke Thema einer Ausstellung sind. „Sie sind gewissermaßen eine Klammer zwischen Kaiserhaus und bürgerlichem Potsdam“, so Hannes Wittenberg, der Leiter des Potsdam-Museums, der vor zwei Jahren mit Michaela Blankart, der Leiterin der Generalverwaltung des Hauses Hohenzollern, die Idee zu dieser Gemeinschaftsschau hatte.

Hauptleihgeber ist Jörg Geller. Die erste Krawattennadel aus dem Hause Hohenzollern erwarb der Sammler vor zehn Jahren auf einer Auktion in Schweden. Inzwischen ist sein „Geschenke“-Fundus aus zweiter Hand beachtlich angewachsen, so dass der Berliner Kaufmann über 80 der 120 Exponate für die Ausstellung beisteuern konnte. „Es sind nicht irgendwelche Krawattennadeln oder Broschen. Sie erzählen Geschichten“, so Geller, der zuvor keine Beziehung zu den Hohenzollern hatte. Jetzt interessieren ihn auch die Menschen hinter den Dingen. Deren Lage veränderte sich im Laufe der Geschichte – und somit auch die Geschenke. Nachdem der Kaiser 1918 nach Holland ins Exil fliehen musste, vertrieb er sich die Zeit mit Bäumefällen: 4 800 kamen im Jahr unter seine Säge. Statt funkelnden Schmuck schickte er jetzt schlichte Holzscheiben als Geschenke in die Welt: versehen mit Datum und der Anzahl der bisher gesägten Stämme. Die Scheibe „ 7000“ ist die kurioseste Gabe, die nun Geller besitzt. Auch signierte Fotos traten die Reise nach Deutschland an, wo der Kaiser weiterhin präsent bleiben wollte. Schließlich sah er sich noch immer als oberster Kriegsherr.

Die von Goscha Nowak gestaltete Schau zieht sinn- und augenfällig diesen Lebensbogen. Hängt der Kaiser anfänglich noch in schwerem Öl und dickem Goldrahmen über seinen Geschenkesegen, „schrumpft“ er am Ende auf eine schlichte Tonmaske zusammen. Der seiner Exilzeit gewidmete Raum ist luftiger als die andere,n und das plüschige Rot der „allerhöchsten Schatulle“ ist einem verblassten preußischen Blau gewichen.

Der letzte Raum der kleinen, liebevoll gestalteten Schau widmet sich den Gnadengeschenken. Die bekam jemand, der wie „Mutter Hollenbeck“ 100 wurde und sich nichts zu Schulden kommen ließ. War ein Jubilar in Not, bekam er statt der Tasse mit dem Kaiserporträt 300 Mark.

Anlässe zum Schenken gab es viele: der Oberhofmarschall machte Vorschläge, der Kaiser entschied. Übersandt wurden die Gaben ausschließlich per Post. Auf diesem Weg erhielt auch Mary von Benda, Tochter des Gutsbesitzers von Rudow, bei dem der Kaiser gerne jagte, zur Hochzeit ein Armband. Auch zur Goldenen Hochzeit dachte der Kaiser an sie und schickte aus Holland ein gerahmtes Foto von sich. Mary von Benda wohnte seit den 30er Jahren in Potsdam. Oft lud sie ihre kaisertreuen Freundinnen zum Kaffeekränzchen in die Berliner Vorstadt ein. Eine Nachfahrin von ihr las über die geplante Ausstellung im Potsdam-Museum und steuerte das funkelnde Armband samt handcoloriertes Foto von Mary bei.

Zu sehen bis 4. Januar, Di bis So 10 bis 18 Uhr, Benkertstr. 3.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })