Kultur: Aus dem Trüben gefischt
Unterwasserfunde aus dem Mittelalter im „Güldenen Arm“
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Die Unterwasserarchäologie ist spannend, weil sie ganz und gar auf Zufallsfunde angewiesen ist. Wird man im trüben Binnenseewasser fündig, ist die Freude besonders groß. Denn Wasser, sagt die Kuratorin der morgen zu eröffnenden Ausstellung „Vom Wasser bewahrt“, Anne-Katrin Ziesak, konserviere organische Materialien wie Holz und Horn wesentlich besser, als dies Erde vermag.
Und so sind einige Kostbarkeiten im Museumshaus in der Elfleinstraße zu sehen, die das Leben im Mittelalter illustrieren. Zwei der drei Fundorte liegen in Polen, ca. 360 Kilometer östlich von Potsdam. Im Lednica-See bargen Taucher besonders Militärgerätschaften, im davon 18 Kilometer entfernten Gniezno (Gnesen), der ersten Hauptstadt der um das Jahr 1000 gegründeten Piasten-Dynastie, sind seltene Ofenkacheln aus dem Schlamm eines zugeschütteten Sees gehoben worden. Das grenzüberschreitende Ausstellungsprojekt, ein Schwerpunkt des diesjährigen Kulturland-Jahres zum Thema Wasser, zeigt zudem Funde aus dem brandenburgischen Prenzlau.
Nach der Reformation wurde das 1250 zum ersten Mal urkundlich erwähnte dortige Zisterzienserkloster Seehausen aufgelöst und später abgetragen. Heute befindet sich am Ufer des Oberuckersees nur noch eine Viehweide.
Die Archäologen fanden jedoch im Uferbereich des Sees 20 000 Einzelstücke, die viel über die Lebensgewohnheiten in einem Frauenkloster erzählen. Vermutlich wurden die Überbleibsel des Inventars einfach im See entsorgt, darunter Tontöpfe, Schalen, Werkzeuge und Schmuck. Besonders faszinierend sind an diesem Schatz kleine Figuren, die zwar religiöse Bedeutung besitzen könnten, die jedoch auch als Spielfiguren gedient haben mögen. Das Bild der einzig der Arbeit und dem Gebet sich widmenden Nonne stimmt auf jeden Fall nicht. Feine Kämme aus Metall und interessante Ohrlöffelchen, sozusagen Vorgänger des Wattestäbchens, zeigen, dass auch mittelalterliche Nonnen auf ihr Aussehen Wert legten.
Die Funde aus Polen, Leihgaben entweder aus dem „Museum der ersten Piasten“ in Lednica oder aus dem „Museum der Anfänge des polnischen Staates“ in Gniezno stammen, zeugen von der Ursprungszeit Polens. Im Jahr 1000 nach Christus wurde im „Akt von Gnesen“ am Grab des Heiligen Adalbert durch den Kaiser Otto des III. „Polonia“ zum ersten Mal erwähnt. Die Gebeine Adalberts lösten jedoch hernach beim benachbarten Böhmen Begehrlichkeiten aus. Es kam zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Möglich, dass die mit Bronze und Silber verzierten Steigbügel und Speerspitzen von diesen Kampfhandlungen stammen, meint Kuratorin Ziesak.
Die Ausstellung, die bereits in Prenzlau gezeigt wurde und später – dann vergrößert – in Gniezno zu sehen ist, bemüht sich, die bis zu 1000 Jahre zurückliegende Zeit durch technische Finessen näher zu rücken. So illustrieren runde Landkarten auf dem Fußboden den jeweiligen Fundort. In einem Multimediaraum nehmen Taucher den Besucher mit in die Unterwasserwelt, freilich weder in die archäologische und noch in die Brandenburgs. Die Sichttiefe in den heimischen Seen wäre für eine Präsentation zu gering, so die Ausstellungsmacher. In einem anderen Raum soll Wasser als Rauschen, Tropfen und Glucksen hörbar gemacht werden.
Im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ erwartet den Interessierten ein kleiner aber durchgängiger Überblick über das Leben im Mittelalter. Der abgedeckte Zeitraum vom 10. bis zum 17. Jahrhundert ist genauso weit gefasst wie die wichtigsten Besiedlungsformen der Zeit. das Leben in einer Burgfestung in Ostrów Lednicki, städtisches in Gniezno und klösterliches in Seehausen.
Museumshaus „Im Güldenen Arm“, Hermann-Elflein-Straße 3, Di. - So. 10 - 18 Uhr, bis 21. Oktober
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