Von Almut Andreae: Aus Passion
Maler und Jazzpianist Sebastian Kommerell im Alten Rathaus und Kunstkontor
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Womöglich lag es an den Händen: zu klein, um der erträumten Pianistenlaufbahn ernsthaft gewachsen zu sein. Das Urteil des Klavierlehrers ließ Sebastians heißen Wunsch, Konzertpianist zu werden, wie eine Seifenblase zerplatzen. Da war er vielleicht gerade mal sieben oder acht. In diesem Moment eröffneten sich ihm mit einem Buch über die Zeichenkunst, das er geschenkt bekam, ungeahnte Welten. Sebastian Kommerell war vom Zeichnen und Malen fasziniert. Bei seinen ersten Ausflügen in die Porträtmalerei saßen die Großeltern, regungslos vor dem Fernsehgerät verharrend, dem jungen Zeichner Abend für Abend, ohne dass sie es wussten, Modell. Dreißig Jahre später eröffnen innerhalb einer Woche zwei Ausstellungen, in denen sich der gereifte Künstler den Potsdamern als Landschaftsmaler, Lithograph und Porträtist präsentiert.
Im Potsdamer Alten Rathaus sind noch bis Anfang Januar Bilder mit Motiven aus der attraktiven Parklandschaft Potsdams, seinem Umland und von einer Reise des Künstlers an die Atlantikküste zu sehen. Ihnen allen gemeinsam ist, dass Sebastian Kommerell seine Landschaften ausnahmslos in der Natur malt. Glühende Herbstfärbung, spritzende Meeresgischt, tanzendes Sonnenlicht und harscher Ostwind werden aus dem unmittelbaren Naturerleben heraus zu Papier gebracht. Farbtiegel, Pinsel und Terpentin hat der Maler vorsorglich immer dabei, wenn er zu Fuß oder mit dem Fahrrad die Natur durchstreift. Statt mit Fotos fängt er zu allen Jahreszeiten die besondere Stimmung am Heiligen See, im Park Sanssouci oder in der havelländischen Landschaft ein, gemalt in Tempera auf Papier. Manchmal werden später im Atelier große Ölgemälde daraus. Oft breitet sich im Vordergrund dieser Landschaften eine Wasserfläche aus, in der die skizzenhaft eingefangene Szenerie sich bricht und spiegelt. In der Natur findet der Maler all das, was im täglichen Drahtseilakt des (Über)Lebens nur allzu oft auf der Strecke bleibt: inneren Frieden, Kraft und Geborgenheit.
In scharfem Kontrast zu der lyrischen farbenfrohen Landschaftsmalerei stehen in der Ausstellung „Skizzen, Tempera und Lithographien“, die in Kooperation mit dem Potsdam Forum zustande kam, die graphischen Arbeiten Sebastian Kommerells. In schwarz-weißen Lithographien porträtierte er Berlin, Prag und New York, außerdem seine Mutter und seine kleinen Kinder. Die Expressivität, manchmal auch Schwermut, die diese Blätter bestimmt, wird in einer Reihe weiterer Blätter noch intensiviert. Im Auftrag der Gerhard Hauptmann-Stiftung entstanden, illustrieren sie Szenen aus dem dramatischen Werk Hauptmanns und berühren dabei so existentielle Bereiche wie Wahnsinn, Tod und Geburt.
Die Empfänglichkeit des noch nicht einmal vierzigjährigen Künstlers für die Thematisierung von Grenzerfahrungen und gleichzeitig für die Hingabe an die Schönheit der Schöpfung hat ihre biographische Wurzeln, die sich im Ausdruck Sebastian Kommerells widerspiegeln. Wenn er künstlerisch arbeitet, also zeichnet, malt oder Musik macht, ist er mit sich und der Welt im Reinen. „Das einzige Zentrum, wo ich Frieden finde, ist die Kunst und die Arbeit“, entfährt es dem Maler und Musiker, der zwar kein Konzertpianist wurde, aber längst regelmäßig als Bar- und Jazzpianist seine Auftritte hat. Um sich am Klavier weiter zu entwickeln – auch als Mitglied einer dreiköpfigen Band für Brazil, Funk und Jazz – gönnt er sich mittlerweile auch wieder Unterricht. Mit zurzeit gleich mehreren laufenden Ausstellungen, Engagements als Musiker, Kleindarsteller und Filmkomparse ist in seinem Leben aktuell für jede Menge Abwechslung gesorgt.
Beim heutigen Vernissagenabend in der Galerie Kunst-Kontor in der Bertini straße ist Sebastian Kommerell mit Porträts sowie am Klavier präsent. Und auch zum Tag des Offenen Ateliers am Sonntag, den 30. November ist er in seinem Potsdamer Atelier in der Geschwister-Scholl-Straße 76-77 wieder mit von der Partie. Dort wird er innerhalb einer Stunde die Besucher auf Wunsch porträtieren. Mittlerweile seit ziemlich genau drei Jahren ist der Maler-Musiker, ursprünglich aus Berlin kommend, in Potsdam zu Hause. Es scheint der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt gewesen zu sein, denn so seine positive Zwischenbilanz: „In Potsdam habe ich die freundlichste Aufnahme bekommen in meinem Leben.“
Ausstellung im Alten Rathaus bis 4. Januar 2009: Di - So 10-18 Uhr.
Almut Andreae
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