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Kultur: Aus Stadt und Land

Achtzig Bilder der sechsköpfigen Malergruppe „Hinaus“ in der Galerie am Neuen Palais

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Achtzig Bilder der sechsköpfigen Malergruppe „Hinaus“ in der Galerie am Neuen Palais Von Götz J. Pfeiffer „Zurück zur Natur“ lautet das berühmt gewordene Motto aus Jean-Jacques Rousseaus Bildungsroman „Emile“ von 1762. Hinaus in die Natur gingen zu Beginn des 19. Jahrhunderts erst englische Maler, unter ihnen John Constable, Jahrzehnte später auch französische Künstler um Camille Corot und die Malerschule von Barbizon. In dieser Tradition von Freilicht-Malern steht die sechsköpfige Gruppe „Hinaus“. Im Herbst 2002 gründeten sechs Berliner Maler sie mit dem Ziel, gemeinsam in der Landschaft unter freiem Himmel zu arbeiten und zusammen auszustellen. Die aktuelle Schau der Galerie am Neuen Palais vereinigt knapp 80 ihrer Bilder aus den letzten Jahren. Breite Pinselstriche, im Farbrelief auf die Leinwand aufgetragen, sind für die Bilder André Krigars charakteristisch. Der 1952 geborene Berliner studierte ebendort an der Hochschule der Künste. Auf seinen Arbeiten ziehen lange, in die Bildtiefe fluchtenden Linien den Betrachter in die Szenen hinein. Man steigt mit „Leute auf der Rampe“ nördlich der Bildergalerie von Sanssouci hinauf oder geht entlang der Bodenfurchen über die „Pferdekoppel“. An älteren Werken der Landschaftsmalerei geschult ist die Komposition in „Rapsfeld“, auf dem das Gelb der Pflanzen und verwaschenes Himmelsblau kontrastieren, hinter dem hohen Horizont vermitteln schwarze Büsche bildräumliche Tiefe. Mit auffällig blasser Palette entrückt Bernd Krüerke, 1944 in der Mark Brandenburg geboren und ebenfalls an der Westberliner Hochschule ausgebildet, seine städtischen Motive dem Betrachter, um Übersehenes überraschend zu inszenieren. Im „Vorfrühling (Schöneberg)“ fängt eine ziegelrote Brandmauer den Blick, am „S-Bahnhof Yorckstraße“ verlangt ein blaues Verkehrsschild nach Aufmerksamkeit. Und auf „Frühlingsluft (Schöneberg)“ bietet nicht nur der gehobene Blick auf obere Hausgeschosse und in den Himmel eine ungewohnte Perspektive. Die Sonne in den Bäumen und darüber kreisende Vögel sind die Bild gewordene Metapher für des Städters Sehnsucht nach Licht und Weite. Unter diesen frischen Blicken und Malweisen nehmen sich die meisten Arbeiten des gebürtigen Niederländers Louis, der seit 1971 in Berlin lebt, manieriert aus. Aus der Ferne erscheinen sie fotorealistisch in der Darstellung und teils surreal im Ausschnitt. Bei näherem Betrachten wirken die „Rampe“ oder „Netzeband“ wie Werke des Kläublers aus Goethes „Der Sammler und die Seinigen“. Louis“ Malweise wird am ehesten der spritzenden Gischt der „Elbe“ gerecht. Interessant ist „F.C.“, der Blick auf giftgrünen Fußballrasen vor schwarzem Wald. Bemerkenswert, dass beim 1935 geborenen Ältesten der Gruppe, die Farben am frischesten wirken. Vor kräftig gelbem Himmel und einem Boden gleicher Farbe stehen Maschinen und Baumaterial auf Hans Steins Bildern „Berlin, Baugelände Lehrter Bahnhof“. Strahlend blau leuchten Stühle und Tisch in der Serie „Groß Dölln“ im wuchernden Garten. Und Farbgefühl im Umgang mit Rot und Blau und deren Mischung zeichnet den „Verhüllten Neubau“ in Berlin wie auch die Reichstag-Studie „Dem Deutschen Volke“ aus. Farbgewitter pastoser Natur ballen sich auf den Bildern des 32-jährigen Berliners Christopher Lehmpfuhl. Der „Sturm in den Dünen“ tobt im zerfurchten Farbrelief des Sandbodens. Im „Regentag (Neues Palais)“ sind nicht nur Wassertropfen gefallen. Bemerkenswert sind Komposition und Reflexe in „Spiegelnde Fliesen“, während bemüht wirkt, dass „Am Neuen Palais“ in die drei schmalen Streifen eines Triptychons geteilt ist. Derartiger Farbauftrag balanciert leicht zwischen Können und Effekthascherei. Nur in der alphabetischen Reihenfolge der Letzte unter den Malern ist Sigurd Wendland, Motor und Gastgeber der Gruppe in seinem Haus in der Schorfheide. Der als Maler hintersinniger Porträts bekannte, 1949 im westfälischen Münster Geborene versteht es auch in seinen Landschaften nachdenklich stimmende Akzente zu setzen. „An der Bundesstraße“ steht neben der Seitenbegrenzung ein Kreuz im Schnee. „Nur unsere Mamis warten“ ist die russische Aufschrift eines Wartehäuschens im Bildtitel übersetzt. Und in der an Kitsch und Pathos der Neo-Realisten orientierten Weise kommt der Blick auf das „Kleistgrab“ und die Waldstudie „Nach dem Sturm“ daher. Insgesamt ein sehenswertes Verdienst aller sechs Maler, diese niemals gewohnten Ansichten aus Stadt und Land zusammengetragen zu haben. Bis 29. August in der Galerie am Neuen Palais, Straße am Neuen Palais Mittwoch bis Freitag 14 bis 18 Uhr, Sonnabend und Sonntag 13 bis 18 Uhr. Katalog 5 Euro.

Götz J. Pfeiffer

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