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Kultur: Ausbruch in die Poesie

Zeitgeschichte spiegelt sich im Persönlichen in den Bildern Mikos Meiningers

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„Die kleine Familie“, „Der stumme Schrei“, so nennt Mikos Meininger zwei seiner Bilder, die nun in der Ateliergemeinschaft „Artefakt“ und „Die Kunstpiloten“ zu sehen sind. Der Mann ist in der „kleinen Familie“ kaum erkennbar. Oben in dem schmalen Bildformat hockt das Kind auf den Schultern der Mutter, diese wiederum stützt sich auf den Kopf des Mannes. Der verschwindet fast in der dick und heftig aufgetragenen Farbe. Die „kleine Familie“ scheint kein Hort der Harmonie zu sein. Auf einem anderen Bild steht sie zwar dicht beieinander, aber ein knalliges Rot und die mit heftigen Pinselduktus aufgetragene Farbe vermitteln auch hier alles andere als Fröhlichkeit und Eintracht.

Er wolle keine biografischen Bilder malen, es ginge ihm um den Bereich, in dem Malerei tiefer, nachdenklicher werde, betont Meininger. Vermutungen, seine zerrissene Familiensituation könne die Darstellung beeinflusst haben, weist er jedoch nicht zurück.

Etwas hoch trabend möchte der Künstler „Lieb und Leid der Kreatur“ mit der Ausstellung von Werken aus den vergangenen 15 Jahren zeigen.

Der heftige, stark farbige Rhythmus der Malerei zieht sich auch durch die Zeichnungen Meiningers. Während bei den Ölbildern aber gelegentlich die ungestüme Suche nach der angemessenen Form im Vordergrund steht, finden auf den Zeichnungen Linien, Striche und Formen zu einem schwingenden und vibrierenden Ganzen zusammen. Der grafische Ansatz der Blätter kommt nicht von ungefähr, denn der 1963 in Jena geborene Meininger absolvierte zunächst eine Ausbildung als Siebdrucker und Plakatmaler, um dann in Berlin Grafik-Design zu studieren. An Veröffentlichungsformen aus Zeiten der verblichenen DDR erinnern einige der zahlreichen Buch- und Grafikprojekten, an denen Meininger beteiligt ist. In geringen Auflagen produzierte Bücher und Drucke wurden in Ostdeutschland in Freundeskreisen verschenkt und weitergereicht. Sie erschienen in einer Auflage von weniger als 100 Stück und entgingen so der Zensur, weil sie keine Druckgenehmigung benötigten.

Mit Buchauflagen in geringer Stückzahl experimentiert Meininger noch immer, obwohl er bei zahlreichen Ausstellungsprojekten und bei Studienreisen viele Länder gesehen und neue Erfahrungen gemacht hat. Er reiste nach Sibirien und Nepal, nach Mexiko und Kuba. In den schwebenden Linen von Bildern mit Titeln wie „Tibetischer Tanz“ oder „Seher“ scheint ein Teil der Reiseerfahrung nachzuschwingen. Seine bibliophilen Kunstwerke druckt Meininger in geringen Auflagen. Es sind Liebhaberstücke, kostbar und eigentlich unbezahlbar, jedes mit handgefertigten Arbeiten bestückt. So finden sich auch viele der Bücher in den Sammlungen von Stiftungen, Museen und staatlichen Galerien.

Gegenwärtig fertigt Meininger handschriftlich einen Text in 13 Exemplaren mit Wolfgang Hilbigs „Der Durst“. Dokumentarische Fotos und Grafiken ergänzen das Buch. Der Künstler und der 2007 verstorbene, wortgewaltige Dichter waren Freunde. So wird das Buchprojekt wohl eine liebevolle Hommage werden, ausbalanciert zwischen Farbenpracht und Poesie wie die Bilder Meiningers. Richard Rabensaat

Die Ausstellung ist bis 31.August zu sehen. Die Öffnungszeiten sind allerdings unregelmäßig. Der Künstler arbeitet im Erdgeschoss des Hauses im Atelier und ist gern bereit, die Galerie zu öffnen. Es können Besuchstermine mit Mikos Meininger vereinbart werden, unter 0172-3942039 oder ausstellung@artefakt-potsdam.de

Richard Rabensaat

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