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Kultur: Ausstellung in der Französischen Kirche über Calvin

Die faszinierende Geschichte der reformierten Gemeinde und ihrer Mitglieder in Potsdam ist ausgeblendet. Dabei hat sie gerade in der Stadt der Hohenzollernkönige, der Ansiedlung von vertriebenen Hugenotten im 17.

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Die faszinierende Geschichte der reformierten Gemeinde und ihrer Mitglieder in Potsdam ist ausgeblendet. Dabei hat sie gerade in der Stadt der Hohenzollernkönige, der Ansiedlung von vertriebenen Hugenotten im 17. Jahrhundert und des Toleranzedikts eine große Bedeutung. Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg (1572-1620 konvertierte zum reformierten Bekenntnis. Friedrich Wilhelm III. schuf rund 200 Jahre später die Union der evangelischen Kirche, bei der die Reformierten und die Lutheraner vereinigt wurden.

Die Ausstellung in der Französischen Kirche auf dem Bassinplatz konzentriert sich ganz und gar auf Johannes Calvin. Schließlich wird in diesen Tagen seines 500. Geburtstages gedacht. Am 10. Juli 1509 in Noyon wurde er in der französischen Region Picardie geboren. Er gilt neben Martin Luther als der große Reformator des 16. Jahrhunderts.

Die Schau mit den 14 Tafeln ist eine Wanderausstellung, die in mehreren Kirchen gezeigt wird und sich somit nicht nur einer einzigen reformierten Gemeinde verpflichtet fühlt. Immerhin verrät sie aber dem Betrachter, dass der reformierte Protestantismus weltweit 80 Millionen Mitglieder in 107 Ländern zählt.

Stühle stellte man vor den Tafeln auf. Das ist gut, denn man sollte Zeit mitbringen. Vor allem Texte sind zu lesen, die chronologisch den Lebensweg Johannes Calvins nachzeichnen. Sie werden mit Darstellungen von Porträts, Veduten und zeitgenössischen Ereignissen wunderbar illustriert. Wer kein „gelernter Calvinist“ ist, wird in der Französischen Kirche vielleicht überrascht sein, dass es in seinem Bildungskanon bezüglich europäischer Reformation noch einige Lücken gibt. Bei Calvin sowieso.

Da erfährt man, welchen Einfluss seine über 100 Schriften auf reformierte Christen und darüber hinaus hatten und haben. Beispielsweise sein Hauptwerk „Institutio“, in dem er seine Theologie aufschrieb – ein Monument des Calvinismus. Oder von seiner Idee der Kirchenzucht, bei der das Funktionieren einer transparenten Gemeinschaft garantiert werden sollte, bei dessen Ausführung er aber nicht immer zimperlich war. Calvin gilt als Erzvater der Demokratie. Auch unsere Arbeitsmoral oder der Kapitalismus wären, so sagen einige Historiker und Theologen, ohne Calvin nicht denkbar. Die Ausstellung verschweigt die dunkle Seite des Reformators ebenfalls nicht: sein Verhalten im Ketzerprozess gegen den kritischen spanischen Arzt und Theologen Servet, den er mit auf den Scheiterhaufen brachte. In allem was der Reformator dachte und tat, auch in seinem schrecklichen Irren, war allein Gottes Wort die Grundlage seines Lebens und Wirkens.

Die Potsdamer Französisch-reformierte Gemeinde gedenkt am morgigen Sonntag Johannes Calvin ab 12 Uhr mit mehreren Veranstaltungen. Höhepunkte sind der Vortrag von Wilhelm Hüffmeier über Spuren des Reformators bei Theodor Fontane (17 Uhr) und ein Orgelkonzert mit Douglas Bruce an der historischen Grüneberg-Orgel von 1783 (19.30 Uhr). Klaus Büstrin

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