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Bis Ende des Jahres ist sie noch auf der Bühne des Hans Otto Theaters zu sehen, dann pausiert sie ein halbes Jahr. Rita Feldmeier geht mit Fisch zu viert auf Tournee und hat auch sonst viel vor.

© Manfred Thomas

Von Heidi Jäger: Auszeit zum Aufbruch

Rita Feldmeier pausiert ein halbes Jahr / 2011 feiert sie 35-jähriges HOT-Bühnenjubiläum

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Sie wirbelt kräftig Staub auf. Dabei soll sie ihn nur brav beiseite kehren. Doch Rita Feldmeier schillert selbst in Kittelschürze. Sie sorgt in der kleinen Rolle der Putzfrau in der Inszenierung „Lola“ für die eindringlichsten Momente. Ihr Monolog über die Angst geht unter die Haut. Dabei hätte sie das Textbuch am liebsten in die Ecke geschmissen, als sie es das erste Mal in die Hand bekam – erzählt sie heute in bester Laune, während wir in ihrem gemütlichen Wintergarten frisch gepressten Orangensaft genießen. Nicht mehr als ein paar Sätze sollte sie laut Vorlage sprechen. Das war für die gestandene Schauspielerin, die in letzter Zeit ohnehin nicht gerade mit großen Rollen überschüttet wurde, dann doch zu viel. Sie hielt mit ihrer Wut nicht hinterm Berg und rang Regisseur Bruno Cathomas einige Textzugaben ab. Vor allem aber peppten sie die Rolle der vor sich hin brabbelnden Besen-Queen komödiantisch auf. In dem Moment, wo sie das Gefühl hatte, sich einmischen und ausbreiten zu können, hatte die vielseitige Mimin auch wieder Lust an der Arbeit.

Wenn sich Rita Feldmeier in der zweiten Hälfte der kommenden Spielzeit eine sechsmonatige Auszeit vom Hans Otto Theater nimmt, wie Intendant Tobias Wellemeyer jüngst auf einer Pressekonferenz bedauernd verkündete, hat das sicher auch damit zu tun, dass sie einfach Lust hat, mal wieder stückbestimmende Figuren zu formen. Unter Uwe Eric Laufenberg war sie oft die Zweitbesetzung der Stars und musste hinnehmen, wenn sich auswärtige Zuschauer an der Kasse beschwerten, dass sie ihr Geld für Katharina Thalbach oder Angelica Domröse bezahlt hätten und nicht für sie. Da war es zumindest ein kleiner Trost, dass nach der Vorstellung Besucher kamen und sich bei der ihnen unbekannten „Ersatzspielerin“ bedankten.

Dabei hat Rita Feldmeier im kommenden Jahr ihr 35. Potsdamer Bühnenjubiläum und kann auf gefeierte Rollen, wie die Marlene, die Knef oder Sally in „Cabaret“ zurückblicken: immer wandelbar, immer voller Überraschungen. Von ihrem nunmehr sechsten Potsdamer Intendanten, Tobias Wellemeyer, würde sie sich nach ihrer Wiederkehr ein besonderes Geschenk wünschen. Und sie muss nicht lange überlegen, was. In Stücken wie „Süßer Vogel Jugend“ oder „Wer hat Angst vor Virginia Woolf“ wären Paraderollen, für die sie jetzt das richtige Alter und ungefragt die besten Erfahrungen hätte. Auch wenn es in ihrer eigenen Wolff-Ehe offensichtlich weit harmonischer zugeht als bei den Woolfs auf der Bühne.

Schließlich feiert Rita Feldmeier heute ihren 30. Hochzeitstag. Und in ihrer Auszeit von Potsdam rückt sie mit Ehemann Achim Wolff, ebenfalls Schauspieler, nun auch beruflich noch enger zusammen: gemeinsam ab Januar im Tournee-Bus quer durch die Republik. Denn die Auszeit ist eher ein Aufbruch. Eigentlich wollte Rita Feldmeier dem Hans Otto Theater ein ganzes Jahr den Rücken kehren, doch dazu gab ihr Intendant Tobias Wellemeyer kein grünes Licht. Schließlich ist die Schauspielerin in wichtigen Produktionen wie „Schroffenstein“, „Das weite Land“, „Chanson d’amour“ und eben in „Lola“ zu sehen, die er nicht alle umbesetzen kann und will. Zudem wird sie im Herbst noch als Zauberin die Kinder in dem neuen Stück „Wie hoch ist oben“ mit ihren magischen Kräften verführen.

Doch „Fisch zu viert“, das Stück, mit dem Rita Feldmeier in der Komödie am Kudamm Berlin Premiere feierte und mit dem sie durch Deutschland touren will, bietet ihr mehr Futter. Sie steht mit Walfriede Schmitt und Judy Winter gleichberechtigt auf der Bühne. Und erstmals spielt sie in dieser Komödie von Wolfgang Kohlhaase auch mit ihrem Mann. „Ich genieße es, nicht nur Tisch und Bett, sondern jetzt auch die Bühne mit ihm zu teilen.“ Auch dort sei er der verlässliche Partner. „Drei Mal habe ich als Regisseur mit Rita gearbeitet, doch erst jetzt, wo wir gemeinsam spielen, entdecke ich, wie kindlich komödiantisch sie sein kann. Daraus ist viel entstanden“, wirft Achim Wolff kurz aus seinem Arbeitszimmer mit den hohen Bücherregalen bewundernde Worte für seine Frau ein.

Dabei wurde ihr schon mit 16 Jahren beim Einstudieren ihrer ersten Rolle an der Schauspielschule von einer Lehrerin prophezeit: „Du wirst mal eine komische Alte.“ „Daran denke ich oft und ich freue mich auf Rollen in meinem Alter“, so die 56-Jährige. Und die dürfen ihr durchaus etwas abverlangen. „In einer Hauptrolle bist du der Macher von Tempo und Situationen. Wenn man über seine Figur das Publikum in die Geschichte mit hinein nehmen kann, ist das etwas anderes, als nur Teil der Geschichte zu sein.“

Sie hat auch keine Angst, vor tausend Leuten zu spielen, wie es auf der Tournee durchaus der Fall sein wird. „Die größte Angst ist, dass irgendetwas in der Familie passiert, und ich trotzdem auf die Bühne muss.“ Rita Feldmeier ist ganz Familienmensch. Selbst jetzt, wo die beiden Kinder ausgezogen sind, ist sie dicht an ihren Problemen dran.

Doch bange machen gilt nicht, gewinnt dann doch wieder der Optimismus Oberhand, und Rita Feldmeier freut sich, mal ein paar Wochen keinen Einkauf, kein Essen machen zu müssen und alles in Hotels vorgesetzt zu bekommen. „Das ist doch toll“ sagt sie lachend. Denn der Haushalt ist nun mal ihr Revier, während sich ihr Mann mit dem Postkram herumschlägt und sich mit der Rhododendronblüte in dem von ihm beackerten verwunschenen Stahnsdorfer Haus-Garten durchaus brüsten könnte.

Auch die Wochen nach der Tournee sind in Rita Feldmeiers Gedanken schon verplant. Mal einen Sport- oder Englischkurs, Reisen in den Süden und natürlich vor der Kamera stehen – wenn Angebote kommen. Alles, was man als Festangestellte oft nicht machen kann. „Ich weiß aber schon jetzt, dass ich nicht mal die Hälfte von all dem schaffen werde, was ich mir vorgenommen habe und depressiv werde, wenn ich drei Tage keinen Druck habe.“

Und sie freut sich auch schon aufs Wiederkommen, obwohl sie noch nicht mal weg ist. Am 26. Juni verabschiedet sie sich an der Seite von Andrea Thelemann und Michael Schroth mit einem Kreisler-Abend aus der Saison: „Alte, böse Lieder am Tiefen See“. Rita Feldmeier liebt die Kleinkunst, „durch sie habe ich meine Frechheit auf der Bühne gelernt, das an Leuten dran sein und ihnen in die Augen schauen.“ Trotz schöner Rollenaufgaben beschleicht sie dennoch oft das Gefühl der Unzufriedenheit. „Man verstellt sich, macht sich etwas vor. Da kommt schon der Gedanke, ob es nicht sinnvoller wäre, in einem Krankenhaus oder einer Sozialstation zu arbeiten.“ Doch im nächsten Moment beschreibt Rita Feldmeier auch, wie toll es sei, in einer Komödie zu spielen, und der ganze Saal lacht. Oder aber es ist ganz still, weil alle gefesselt sind.

Solche bewegenden, nachhaltigen Eindrücke beim Publikum hätte sie dem neuen Ensemble in Potsdam öfter gewünscht, und sie plädiert für eine gute Mischung aus guter Unterhaltung und Ernsthaftigkeit. „Wir kämpfen jedenfalls sehr im Ensemble: nicht mit Krampf, aber mit viel Energie und gutem Willen.“

Je länger die Ehe dauert, um so schöner wird sie, sagt Rita Feldmeier zu ihrer heutigen Perlenhochzeit und sie ist gespannt, wer diesmal an Blumen denkt.

Mit dem Theater feiert sie 2011 ihre „Lumpenhochzeit“, denn wie der Volksmund sagt, ist die Wäsche nun verschlissen, sind die Schränke neu zu füllen. Rita Feldmeier ist bereit, aufzuräumen, Altes wegzufegen. Und dass sie den Besen vergnüglich schwingen kann, beweist sie am besten in „Lola“.

Rita Feldmeier ist am 26. Juni im Nachtboulevard am HOT in einem Kreisler-Abend zu erleben. Vom 13. Juli bis 15. August gastiert sie in der Komödie am Kurfürstendamm mit „Fisch zu viert“, mit der sie ab Januar 2011 auf Tournee geht. In diesem Herbst steht sie noch in Wiederaufnahmen und in einem neuen Kinderstück des HOT auf der Bühne und ab Herbst 2011 gehört sie wieder fest zum Ensemble.

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