Kultur: Barock forciert
„Les timbres“ im Havelschlösschen
Stand:
Ein musikalisches Zeitalter sollte sichtbar werden, und zwar das um 1700. Es sind Triosonaten für eine hohe und eine tiefe Streicherstimme, unterstützt durch ein Continuo, wahlweise mit Cembalo oder Orgel besetzt. Musikalisch ging die Reise am Donnerstagabend von Hamburg nach Nürnberg, wo die Werke von Dietrich Buxtehude, Philipp Heinrich Erlebach und Johann Philipp Krieger 1693/94 im Druck erschienen waren. Danach ging es an den kunstsinnigen Köthener Hof, wo Johann Sebastian Bach um 1720 seinen kammermusikalischen Intentionen nachging, und wieder zurück nach Hamburg, wo auch Georg Philipp Telemann 1740 seine „Essercizii Musici“ verlegen ließ.
Trotz Unwetterwarnung waren Liebhaber barocker Klänge der Konzerteinladung von Geigenbaumeister Tilman Muthesius in seinen Kammermusiksaal im Havelschlösschen gefolgt, um dem französischen Ensembles „Les timbres“ zu lauschen. Im März dieses Jahres hatte das Ensemble am Telemann-Wettbewerb in Magdeburg teilgenommen und den 3. Preis und den des Publikums gewonnen. Dort lernte die Truppe auch den Potsdamer Muthesius kennen. Seinen Gambennachbau eines Instruments von Tielke (1696) wußte Myriam Rignol ausdrucksstark, technisch perfekt und historisch informiert zu spielen. Die Geige von 1997 aus der Werkstatt Pierre Jaquiers handhabte Yoko Kawakubo klangbrillant. Doch ihr oftmals forciertes und geschärftes, in den Vordergrund drängende Musizieren verhinderte, dass sich die Sonaten einschmeichelnd weich präsentieren konnten. Stattdessen wurden sie analytisch ausgeleuchtet.
Das Cembalo von 1978 stammt aus der Werkstatt des Hausherrn, die Truhenorgel (1976) von Instrumentenbauer Bernhard Junghänel. Julien Wolfs bediente sie wechselweise nach allen Regeln der perlenden, rauschenden und seccotrockenen Begleitung.
Wie sich bald herausstellt, pflegen die Musiker einen glasklaren Klang, der mit klitzekleinen Bebungen anstelle des Vibrato an die historischen Spielweise angelehnt ist. Straff artikuliert, springlebendig und zügig ging es in den Allegro-Sätzen und ihren Spielarten zu, während die langsamen Sätze oftmals von schmerzerfüllter Harmonik nur so überquollen. Peter Buske
Peter Buske
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: