Kultur: Barocke Eröffnung
Woche für Johann Moritz von Nassau begann
Stand:
Woche für Johann Moritz von Nassau begann Nun ist Johann Moritz von Nassau-Siegen (1604-1679) in aller Munde. Er galt als „Retter des calvinistisch-reformierten Glaubens im Sieger Land“, war 1. Feldmarschall der Vereinigten Niederlande und zwischen 1637 und 1644 General-Gouverneur der niederländischen Kolonie Neuholland in Nordost-Brasilien. Selbst Fürst, verwaltete er von Kleve aus die westdeutschen Besitzungen des Grossen Chur-Fürsten, eine exklusive Vertrauensstellung. Moritz der Brasilianer, wie er auch genannt wurde, gilt als Spiritus rector der „Berlin-Brandenburgischen Residenzlandschaft“: Ein „Eyland“, fast dem Paradiese gleich, sollte aus dem vom 30-Jährigen Krieg verwüsteten Landstrich entlang der Havel erwachsen - Potsdam eingeschlossen. Darüber wird man in der kommenden Woche aus Anlass seines 400. Geburtstages viel reden, hoffentlich auch über den Geist dieser Reformierten und über die Maconnerie, der so viele Preußen nachliefen, Naturforscher Humboldt zum Beispiel. URANIA-Chefin Karin Flegel griff bei der sehr gut besuchten Auftaktveranstaltung am Freitag in der Französischen Kirche schon einmal vor. Als studierte Architektin schilderte sie (keine gute Akustik) des Siegeners Einfluss bei der Gestaltung der Stadt Potsdam, welche nach niederländischem Vorbild „im Haag“ mit Drainagen (Stadtkanal) begann und sich mit der „Gliederung in Prospekte“ fortsetzte. Zentrum war das Stadtschloss, Vorbild der Barock, genauer jener „niederländische Klassizismus“, für den sich die Rednerin so er-wärmen konnte, beim Turm der Heiligengeistkirche, der verschollenen Glori-ette, Garnisonkirche, Jagdschloß Stern und den „Holländischen Etablissements“. Überall wurden Sichtachsen angelegt, zum Schlösschen Caputh, die heutige Jägerallee entlang, von der jetzigen Breiten Straße bis weit in die Feuerbachische hinein. Nach „westlichem“ Vorbild begann die später von Lenné weitergeführte Gartengestaltung: Die Sichtachsen führten hindurch, „Alleen ins Paradies“, wie Karin Flegel es in freier Rede recht poetisch nannte. Wege in die Unendlichkeit. Nicht zufällig geschah das mit Rechnen und Messen, mit der Geometrie, denn so, in Anschauung der Rednerin, gedachte man angeblich „die Landschaft zu beherrschen“. „Würdig“ erschien den Veranstaltern auch der Ort, gebe doch die Französische Kirche den calvinistischen Geist, mithin den oft so rein bemühten Toleranzgedanken trefflich wider. Hier nun hörte man zum Jubiläum ein recht lan-ges, aber wunderbares Konzert mit Musik aus der Zeit des Ideengebers Johann Moritz, wobei man sowohl europäischer Kompositeure wie Walther, Graupner und Vivaldi gedachte, als auch solcher, die nach Südamerika gingen oder dort wirkten, etwa Diego Ortiz (mit zwei Recercaden) und Bartolomeo de Selma y Salaverde. Schon beim ersten Stück, Telemanns Suite in C-Dur, erstaunte man über Susanne Erhardt, Souveränin aller Blockflöten und des Chalumeau. Mit einer Barock-Klarinette legte sie einen lebhaften und kräftigen Ton vor, dem einer Fanfare ähnlich. Eine Virtuosin ersten Ranges mit eigenem Stil und origineller Interpretation, besonders in van Eycks „Variationen und Engels Nachtigall“. Was sie auch spielte, mal mit Kühnheit, mal verhalten, war einfach brillant. Armin Thalheim (Orgel, Cembalo) gab seine Begleitparts im „Ensemble Anima et Chordae“ als Primus inter pares. Er glänzte solistisch mit der wuchtig-schönen Toccata in D von Do-menico Zipoli, geschrieben im Stil von Frescobaldi oder Rossi. Toll, wunderbar, phantastisch, dieses Duo! So schön und sättigend das fast zweistündige Konzert auch war, so zeigte es wohl auch die endlichen Grenzen der „barocken Musik“. Manche Figuren und Koloraturen in den Concerti und Sonaten schienen einander zu ähneln, vielleicht hat der „Zeitgeist“ von einst dieses Gleichmaß gewollt. Wie dem auch sei, das Publikum zeigte sich sehr zufrieden. Johann Moritz hat nun das Wort.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: