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Die Türöffnerin. Erst über Eva-Marie Verleih, die damals noch im Teezubereitungshaus wohnte, kamen die beiden Potsdamer Autorinnen Francisca Drechsler und Barbara Rohm auf die Spur derer, die in Potsdams Weltkulturerbe leben.

© Ullmann Verlag

Kultur: Bei Fritz im Garten

Zwei Potsdamerinnen stellen in einem opulenten Buch Menschen vor, die im Weltkulturerbe leben

Von Sarah Kugler

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Lustwandeln im Schloss Lindstedt, wann immer es beliebt, oder Tür an Tür leben mit dem Geiste Friedrich II. Dort wohnen, wo Geschichte lebendig wird. Für einige Potsdamer ist das normaler Alltag. Kaum bemerkt von den zahlreichen Touristen, die jährlich das Weltkulturerbe in Sanssouci, Babelsberg oder im Neuen Garten besuchen, leben sie im Küsterhaus an der Friedenskirche, im Teezubereitungshaus beim Chinesischen Teehaus, im Gehilfenhaus der Villa Illaire beim Schloss Cecilienhof oder sogar in den Schlössern selbst.

In ihrem gemeinsamen Buchprojekt „Menschen in Sanssouci. Leben und Arbeiten im Weltkulturerbe“, das im Ullmann Verlag erschienen ist, haben sich die Autorin Francisca Drechsler und die Fotografin Barbara Rohm nun auf die Spuren dieser geheimnisvollen Bewohner begeben. Das Buch, das am gestrigen Donnerstag im Potsdamer Schloss Lindstedt vorgestellt wurde, erzählt in Text und Bild 21 persönliche Geschichten vom Leben inmitten von Denkmälern und ermöglicht damit auch einen neuen, intimeren Blick auf das Weltkulturerbe.

Zweieinhalb Jahre lang haben die Potsdamerinnen Francisca Drechsler und Barbara Rohm an dem Buch gearbeitet. Die Idee entstand, als Rohm bei einem Spaziergang durch den Park Sanssouci mit Eva-Marie Verleih ins Gespräch kam, die damals noch das Teezubereitungshaus bewohnte. „Ich hatte mich schon öfter gefragt, wer eigentlich hinter den Gardinen der Parkhäuser wohnt“, so die Fotografin. „Es war einfach ein schöner Zufall, dass Eva-Marie Verleih so offen war und mich auch gleich in ihr Haus reingelassen hat.“ Aus dieser Begegnung heraus entstand der Wunsch, auch mehr über die anderen Bewohner zu erfahren und so wandte sie sich an Francisca Drechsler, die seit Jahren Biografien schreibt. „Wir kannten uns schon länger und ich schätze Franciscas Texte sehr“, sagt Barbara Rohm. „Von daher hat das gut gepasst.“ Mit dem Kontakt zu Eva-Marie Verleih war jedoch nur der erste Schritt getan. Da fast alle der porträtierten Menschen bei der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) arbeiten oder gearbeitet haben, konnten sie mithilfe der Stiftung Kontakt zu weiteren Weltkulturerbe-Bewohnern herstellen. „Telefonnummern wurden natürlich aus Datenschutzgründen nicht weitergegeben“, erzählt Francisca Drechsler. Deshalb begannen sie, hochwertige Kunstpostkarten als Einladungen zu verschicken, auf denen sie kurz ihr Projekt vorstellten. Die Reaktionen darauf waren am Anfang eher verhalten. Die meisten meldeten zurück, dass sie erst mal darüber nachdenken müssten. Was aber die meisten überzeugt habe, sei der Gedanke, Geschichte bewahren zu wollen, wie Barbara Rohm erzählt. Sowohl ihre Bilder als auch die Texte von Francisca Drechsler entstanden in mehreren Terminen und immer in Absprache mit den Porträtierten.

„Im ersten Moment empfindet man so etwas natürlich als einen Eingriff in das sehr Persönliche“, sagt Andreas Pietz, der im Schloss Lindstedt wohnt. Aber sehr schnell habe er das Gefühl bekommen, gut aufgehoben zu sein. Der Gartenmeister des Parkreviers III in Sanssouci arbeitet seit 1990 bei der SPSG und bewohnt seit 2011 das Erdgeschoss von Schloss Lindstedt. Auf rund 140 Quadtrametern lebt er mit seiner Familie in der L-förmigen Wohnung unter der Bibliothek und dem Kaminzimmer des Schlosses – und das sehr gerne. „Es ist natürlich sehr abgeschlossen und weit draußen“, gibt er zu. „Aber ich mag das, hier habe ich meine Ruhe.“ Die Ruhe schätzt auch Heinz Schönemann, der als ehemaliger Schlösserdirektor und stellvertretender Generaldirektor sowie Stiftungskonservator mit seiner Frau seit 1978 in der Fasanerie in Sanssouci lebt. Ingo Seifert hingegen schreckte die Aussicht auf so viel Frieden erst mal ab: Der Stuckateur wollte sich die Wohnung im Nord-West-Flügel des Orangerieschlosses, wo er auch sein Atelier aufgebaut hat, erst gar nicht ansehen. Heute kann er sich nicht mehr vorstellen, woanders zu wohnen. Wenn er sich mit seiner Harley auf längere Reisen begibt, dann nur um seine Kunstsammlung zu erweitern und beispielsweise Rembrandt-Postkarten zu kaufen.

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