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Kultur: „Bei uns wird nicht viel geredet“

Ted Keijsers „Robinson Crusoe“ landet auf einer Insel, wie sie jeder mal erlebt / Morgen Uraufführung

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Ted Keijsers „Robinson Crusoe“ landet auf einer Insel, wie sie jeder mal erlebt / Morgen Uraufführung Er ist ein „Kapitän“, der mit Witz, Charme und spielerischer Leichtigkeit sein Boot führt. Und mit einer „Steuerfrau“ wie Laura an der Seite, bringt er jedes Schiff sicher in den Hafen. Es sei denn, der Schiffbruch ist gewollt – wie bei „Robinson Crusoe“, der neuesten Produktion des Potsdamer Hans Otto Theaters, die morgen Premiere hat. Doch wenn schon Schiffbruch, dann natürlich mit viel Getöse, waren sich die beiden Holländer Ted Keijser und Bühnenbild-„Steuerfrau“ Laura de Josselin de Jong schnell einig – und so wird nicht nur der Wind kräftig blasen und die Wellen tosen, auch mit opulenten Opernklängen á la Rossini wird tief in die Dramatik-Kiste gefasst. Denn Theater ist nun mal zum Fühlen und Staunen, sind sich die seit 20 Jahren eng zusammen arbeitenden Künstler einig. „Bei uns wird nicht viel geredet, wir gehen sehr visuell und körperlich, aber auch sehr musikalisch zu Werke. Auch Robinson kommt die ersten 20 Minuten ohne Worte aus“, so der bereits mit zwei Kindertheaterpreisen ausgezeichnete Regisseur, der seine Arbeitsweise gern den Tieren im Zoo abschaut. „Es ist doch spannend, wenn ich vor einem Käfig stehe und die Tiere beobachte: wie sie gucken, wie sie sich bewegen, wie sie sitzen. Da frage ich mich doch, warum machen sie es gerade so und nicht anders, was sind ihre Motive?“ Diese Neugier möchte er auch im Theater provozieren.Ted Keijser, der mit seiner italienischen Frau und den zwei Kindern in Padua lebt, ist an Theaterhäusern in aller Welt zu Hause. „Meist werde ich ,gebucht“, um Kinderstücke zu inszenieren. Doch was heraus kommt, ist Theater für alle. Es sind verschiedene Ebenen, die übereinander lagern, und jeder kann etwas für sich herausnehmen“, so der Kosmopolit, der in Australien ebenso wie in Russland oder Amerika arbeitet und auch schon „Erwachsenenstücke“ wie Becketts „Endspiel“ oder Ibsens „Peer Gynt“ für Kinder adaptierte. Dass es das Zweiergespann nun nach Potsdam verschlug – eine Stadt, die beide Holländer aufgrund der Ruhe, der Seen und der schönen Radwege faszinierend finden, ist dem HOT-Dramaturgen Andreas Steudtner zu verdanken. Er kennt die beiden aus seiner Zeit am Theater der Jugend in München. Was Ted Keijsers Arbeitsweise ausmacht, ist insbesondere die Improvisation. Und da kommt ihm auch Lauras Bühnenbild sehr entgegen, „mit dem man sehr schön spielen und arbeiten kann“ – was der schauspielernde Regisseur gemeinsam mit Laura auch immer wieder gern vor und nach der Probe tut. „Ich bringe selbst sehr viele Vorschläge ein, setze aber auch auf die Ideen der Schauspieler.“ In Potsdam sind es Marie-Luise Lukas und Niels Heuser, die die Proben durch eigene Vorstellungen bereichern. „Und genau diese Interaktion zwischen den Leuten ist auch die Überraschung und das Schöne am Theater.“ Ted Keijser schaut sehr genau auf das, was die Schauspieler an Temperament und Anregungen einbringen, und so würde ein Robinson in Italien sicher ganz andere Züge tragen. „Er wäre sehr viel lebendiger, würde mit Händen und Füßen agieren. Die Deutschen sind ernsthafter, seriöser, arbeiten sehr viel mit dem Kopf – Schauspieler wie auch Publikum“, so die Erfahrung des Bauchmenschen Ted Keijser. Am Ende der Probenarbeit ist nichts mehr von dieser improvisatorischen Annäherung zu spüren. Da funktioniere alles wie ein Schweizer Uhrwerk: „Die Inszenierung ist wie eine klare Melodie, bei der Tempo und Rhythmus stimmen müssen. Trotz Präzision soll alles locker und spielerisch, oft auch komisch, vor allem aber glaubwürdig rüber kommen.“ Und da klopft die versierte Crew die Stückvorlagen kräftig ab, ob sie auch im heutigen Fahrwasser schwimmen. So wird die „Robinson“-Inszenierung keineswegs an Daniel Defoe kleben bleiben. „Ich habe keine Lust, etwas nachzuerzählen, nur der Kern der Geschichte muss stimmen. Für uns ist Robinson vor allem ein Stück über das Alleinsein und den Wunsch, sich eine eigene Welt zu kreieren.“ Am Anfang wollten sie Robinson mitten in der Stadt spielen lassen, landeten dann aber doch auf der Insel. Bald der Einsamkeit überdrüssig, sehnt sich Robinson nach einem Partner. Doch als er in Gestalt von Freitag anspült, kommt es schnell zu Konflikten. „Denn unser Freitag ist kein Sklave wie bei Defoe. Er lässt sich nicht kommandieren, sondern hält dagegen. Und so trennen sich wieder ihre Wege, kehrt Freitag auf seine Insel zurück. Bis das rettende Schiff naht – und Käpt“n nebst Steuerfrau doch noch alles sicher in den Hafen bringen. Heidi Jäger Premiere morgen 10 Uhr, Reithalle A

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