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Kultur: Beifallsstürme dank Babybonus Oboenstar Albrecht Mayer im Nikolaisaal

Wenn die Geschäftsführerin der Kammerakademie Potsdam (KAP) vor das Publikum tritt und zum Mikrofon greift, verheißt das für gewöhnlich nichts Gutes. Nicht so beim abendlichen Sonntagskonzert im Rahmen der Nikolaisaal-Reihe „Stars international“.

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Wenn die Geschäftsführerin der Kammerakademie Potsdam (KAP) vor das Publikum tritt und zum Mikrofon greift, verheißt das für gewöhnlich nichts Gutes. Nicht so beim abendlichen Sonntagskonzert im Rahmen der Nikolaisaal-Reihe „Stars international“. Ein außermusikalisches Ereignis sei es, so Frauke Roth, denn Albrecht Mayer, der Solo-Oboist der Berliner Philharmoniker und Dirigent des Abends, sei in der Frühe ein stolzer und noch immer aufgeregter Vater geworden. Der Gratulationsbeifall brandete. Vom bevorstehenden Ereignis überrascht, habe er das Konzert absagen wollen. Die Musiker glaubten nicht daran, probten ohne ihn weiter – und mussten es dann bei einer Anspielprobe bewenden lassen. Nun standen alle unter Strom, das schweißt zusammen: Mit wachen Sinnen reagieren sie auf Mayers präzise Zeichengebung, musizieren sozusagen auf der Stuhlkante sitzend.

Die nächtliche Müdigkeit des Dirigenten schien verflogen, als er zum Taktstock für Antonin Dvoraks d-Moll-Serenade op. 44 griff, energisch gingen die Musiker ans Werk. Die vier Sätze, von tänzerischen Volksmelodien durchzogen, artikulierten sie straff und in einem mehr oder weniger einheitlichen Spielgestus. Ob es der Anspannung geschuldet war, dass fast alles Mezzoforte oder Forte gespielt wurde? Besonders viel Farbenvielfalt konnte man so allerdings nicht erwarten. Und so klang das Ganze zunehmend uninspiriert, spröde und langweilig, zumal auch die drei Hörner nicht ihren besten Abend erwischt haben. Danach folgt ein unnötiger fünfminütiger Podiumsumbau – das Musikerdutzend hätte man ja von Anfang an durchaus in die große KAP-Bestuhlung für das Nachfolgende setzen können.

Danach stand dem F-Dur-Oboenkonzerts von Jan Antonin Koeluh nichts mehr im Wege. Er sei es wert, dass wir uns an ihn erinnern – schon allein wegen seines originellen Einfalls, den Soloeintritt der Oboe als ein Duett mit der Geige zu konzipieren, lobte Albrecht Mayer den weithin vergessenen böhmischen Mozart-Zeitgenossen. Geschmeidig und voller Spannung war Mayers Ton dann, als er sich und die Musiker zu elegantem, federndem und kontrastbetontem Spiel anspornte. Das Adagio gestalteten sie zu einer ausdrucksvollen Gesangsszene.

Weil man der Oboe nachsagt, von allen Instrumenten am besten die menschliche Stimme nachahmen zu können, hat irgendwer den Sopranpart in Mozarts Konzertarie „Non temer amato bene“ KV 505 für Oboe eingerichtet. Den dazugehörigen originalen Klavierpart spielte am Sonntag auf kantable Art Markus Groh. Doch so sehr Albrecht Mayer seinen philharmonischen Edelklang auch verströmte: Der Schattierungsreichtum und die dynamischen Ausdrucksmöglichkeiten einer „geläufigen Gurgel“, wie Mozart es forderte, konnte er nicht restlos imaginieren. Das Orchester setzte dazwischen immer wieder dramatische Akzente gleich dem Aufblitzen von Leidenschaften. Für den Applaus danken Mayer und Groh mit einer sentimentalen Zugabe „A Clarice“. An- und abschließend gab es noch Mozarts „Prager“ Sinfonie KV 504 – klanggeschärft, überakzentuiert und dramatisch zugespitzt, mangelte es hier an Eleganz und Kantabilität. Forsch eilte das zitatenreiche Opus dann seinem Prestofinale zu – der Beifallsjubel blieb fast ohne Ende. Peter Buske

Peter Buske

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