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Kultur: Berufsfindung im Mittelalter

„Drachen und Ritter“, das am morgigen Donnerstag Premiere hat, ist ein Theaterstück über Ritternachwuchs, der keiner sein will

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Selbstverwirklichung ist keine Erfindung der Moderne. Auch der Ritternachwuchs des Mittelalters plagte sich bisweilen mit Identitätskrisen. Das neue Kindertheaterstück „Drachen und Ritter“ von Eva Maria Stüting, das am morgigen Donnerstag am Hans Otto Theater zur Premiere kommt, legt das zumindest nahe. „Es geht um den Knappen Kunibert, der spürt, dass er für den Ritterberuf eigentlich gar nicht geschaffen ist“, sagt Regisseurin Kerstin Kusch.

Eines Tages wird der Junge in den Wald geschickt und soll einen Drachenkopf und ein Burgfräulein mitbringen. Denn Kunibert ist eher ein Schlaffi, der nicht gern kämpft, während andere in seinem Alter schon einige Drachen erledigt haben. „Jetzt soll er sich beweisen“, sagt Kerstin Kusch. Dabei bekommt er Hilfe von einem weisen, väterlichen Zauberer und schafft es tatsächlich bis zu einer Burg, in der ein Drache haust.

„Kunibert beginnt dabei aber auch nachzudenken: Was will ich tun im Leben – immer das, was andere von mit erwarten? Kann ich das leisten? Oder tauge ich vielleicht zu etwas ganz anderem?“ Am Ende, so die Regisseurin, muss Kunibert lernen, auf sein Herz zu hören statt immer den anderen zu genügen.

Auch das Burgfräulein Kunigunde hat ein Problem: Sie hat schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht, der Vater nannte sie einst hässlich, sodass sie sich entschied, aus dieser Welt zu verschwinden, sich zu verstecken – hinter einer rauen Schale. Was in diesem Fall sehr wörtlich zu nehmen ist, denn Kunigunde, zurückgezogen in ihrer Burg, erfindet zu ihrem eigenen Schutz den Drachen. Bei Bedarf schlüpft sie, um sich die Prinzen vom Leib zu halten, in dessen Rolle.

„Dass der furchterregende Drache gar nicht echt ist, sondern Kunigunde in dem Kostüm steckt, das ist auch für die Kinder zu erkennen“, sagt Kerstin Kusch. Das ganze Stück ist aufgebaut wie ein mittelalterliches Stegreif- oder Improvisationstheater, es beginnt auf einer Wanderbühne und breitet sich dann über die Reithallenbühne aus. Die drei Schauspieler, Juliane Götz, Jan Kersjes und Josip Culjak besetzen mehrere Rollen, schnelle Wechsel beleben die Abläufe. „Es gibt ja jede Menge Ritterstück-Personal, entsprechende Kostüme und Requisiten. Nur der Drache, der kann – weil in ihm ja ganz offensichtlich die emanzipierte Kunigunde steckt – kein Feuer spucken.“

Zum Stück gibt es Musik, am Klavier spielt Christian Deichstetter. Außerdem wird viel gesungen, gerade der Knappe Kunibert hat einige Lieder auf Lager. Manchmal bringt ihn ein Lied sogar weiter, als wenn er reden würde. Zum ersten Mal in seinem Leben wird er dafür vom König sogar gelobt. Und ganz langsam spürt Kunibert, dass sich hier womöglich berufliche Alternativen für ihn auftun.

„Es geht um zwei Seelenverwandte, die stigmatisiert durch die Institutionen ihrer Zeit im Leben stehen“, sagt Kerstin Kusch. „Jeder für sich findet eine Strategie, damit umzugehen.“ Das Stück biete sogar konkrete Tipps, wie man mit Ablehnung durch die Gesellschaft umgehen kann. Und am Ende gehe alles gut aus, es ist ja ein Kinderstück. Steffi Pyanoe

Premiere am morgigen Donnerstag um 10 Uhr in der Reithalle, Schiffbauergasse. Der Eintritt kostet 7,50 bis 22 Euro.

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