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Kultur: Berührend und betörend

Adventskonzert der Kammerakademie Potsdam im Schlosstheater im Neuen Palais

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Ja, die Bachsöhne. Jeder von ihnen hatte herausragende Beiträge zur Fortentwicklung der Musik parat. Über Carl Philipp Emanuel, dem Hofcembalisten Friedrichs des Großen, ist schon viel geschrieben worden, weniger aber über Johann Christian Bach, den „Londoner Bach“, der als Komponist auf Mozart einen bleibenden Eindruck gemacht hat, auch über Johann Christian Friedrich Bach nicht, der als „Bückeburger Bach“ musikalische Hochkultur in die kleine Residenzstadt derer von Schaumburg-Lippe brachte.

Welchen hohen künstlerischen Wert die Werke dieser Bach-Söhne haben, verdeutlichte die Kammerakademie Potsdam in ihrem adventlichen Konzert am Sonntag im Schlosstheater im Neuen Palais. Auf dem Programm standen Johann Christoph Friedrich Bachs einzige reine Streichersinfonie in d-Moll mit ihrer musikalischen Innovationskraft und das berührend empfindsame Cembalokonzert in f-Moll von dem größtenteils in London wirkenden Johann Christian Bach, der sich vor allem als Opernkomponist einen Namen gemacht hatte. Die Musiker der Kammerakademie ließen sich durch Konzertmeisterin Yuki Kasai, die von ihrem Pult engagiert und souverän das Konzert leitete, zu einem fein nuancierten Spiel inspirieren. Sie fanden zu einer glücklichen Balance zwischen historischem Klang und geschmackvollem Musizieren.

Wurden die Streicher beim Cembalokonzert zwar von Intonationsproblemen nicht verschont, klang es dennoch leicht und fließend, aber auch voll und rund. Einen großen Anteil am Erfolg hatte der italienische Solist Davide Pozzi, ein international gefragter Spezialist für die historische Aufführungspraxis, der das selten zu hörende Werk berührend und betörend schön musizierte, doch auch rhythmisch geladen und voll flimmernder Energie.

Anfang und Ende des Adventskonzertes bildeten Werke der Wiener Klassiker Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart. Ein Bläsersextett der Kammerakademie spielte zunächst Mozarts Divertimento in Es-Dur KV 252 für zwei Oboen, zwei Fagotte und zwei Hörner – Unterhaltungsmusik pur. Das Zusammenspiel und der Zusammenklang sind stets sehr harmonisch, doch ist dieses Divertimento bisweilen so harmonisch, dass sich der Eindruck gepflegter Langeweile einstellen könnte. Aber die Musiker umgingen sie, in dem sie eine fein dynamisch und akzentuierte Interpretation ablieferten, sodass es eine rechte Freude wahr.

Die ursprünglich für Paris komponierte Sinfonie Nr. 92 in G-Dur von Haydn wurde anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Oxford für den Komponisten uraufgeführt. Seitdem trägt sie den Beinamen „Oxforder“. Auch hierbei leitete Yuki Kasai vom Konzertmeisterpult aus das musikalische Geschehen. Nicht nur, dass ihre und der Kammerakademies Interpretation durch enorme Leichtigkeit bestach, sondern auch weil sie durch beeindruckende Klangvielfalt und großes Einfühlungsvermögen verzauberten. Haydn wurde nicht einfach runtergespielt, sondern bewusst musiziert, und zwar in einer solchen Form, dass die Sinfonie lebendig und kompakt erschien. Hierbei zeigte sich auch, wie facettenreich dieses Werk ist. Ein volles, abwechslungsreiches und farbenfrohes Spiel wurde serviert. Der Beifall des dankbaren Publikums im Neuen Palais steigerte sich nach der Oxford-Interpretation zu einem einhelligen Jubel, besonders auch für Yuki Kasai. Klaus Büstrin

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