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Kultur: Beseelt und inspiriert

Eine stimmungsvolle konzertante Aufführung der „Zauberflöte“ in der Erlöserkirche

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Eine stimmungsvolle konzertante Aufführung der „Zauberflöte“ in der Erlöserkirche Mozarts „Zauberflöte“ – gelobt, geliebt, verballhornt? Kaum eine Oper hat derartig viele, höchst unterschiedliche Inszenierungen erfahren wie diese. Weihevoll und würdig, niedlich und possierlich, ideologisch oder kritisch – beinahe alles lässt sich mit dieser Oper anstellen. Was sowohl am überragenden musikalischen Kosmos des Werks wie auch dessen dramaturgischen „Unwägbarkeiten und Späßen“ liegt, von denen schon Goethe in zuvorkommender Defensive sprach. Jetzt also gibt es eine neue Potsdamer Zauberflöte in einer konzertanten Fassung mit einem modernen, leicht ironischen Erzähltext von Christian Seidel nach dem Originallibretto durch das Neue Kammerorchester Potsdam, Sängersolisten und Kammerchor unter der Leitung von Ud Joffe. Nicht zuletzt die zeitlose Pracht von Mozarts Musik sowie das Entgegenkommen der Erlöserkirchengemeinde ermöglichten diese Aufführung. Das Halbrund hinter dem Alter mit den farbigen Fresken dient gut als Bühnenraum. Der Chor singt von den beidseitigen Emporen, wenn er nicht als „men in black“ schwarz gekleidet und mit Sonnenbrillen im Gesicht im Gefolge Sarastros erscheint oder als musikalisch bezwungene Wächtersklaven durch die Gänge tänzelt. Als humor- und temperamentvoller Erzähler brilliert einmal mehr Hans-Jochen Röhrig. Nach der gut eineinhalbstündigen Aufführung brausten Beifallswogen durch das Kirchenschiff für eine höchst gelungene Aufführung voller Spaß und herrlicher Musik. Denn die bekanntesten Arien und Duette wurden von sehr respektablen Sängern gesungen, der verstärkte Neue Kammerchor intonierte inbrünstig die großen Chöre und das Neue Kammerorchester spielte beseelt und inspiriert. James Creswell singt überaus klangvoll in der Rolle des Sarastro, mit der er an der Komischen Oper Berlin debütiert hatte. Den Prinzen Tamino gibt Jan Kobow mit hellem, leicht elegischen Tenor. Noch nie sah man Baritonist Raimund Nolte so übermütig – Papagenos Wunscharie „Ein Mädchen oder Weibchen“ gibt er taumelnd mit dem Rotweinglas in der Hand zum Gaudi des Publikums – ein veritabler Operettenakt. Auch im Duett mit Pamina und Papagena (Hannah-Ulrike Seidel) zeigt sich einmal mehr die Vielseitigkeit des großartigen Sängers. Antje Perscholka verleiht Pamina anmutig-lyrische Züge, während die junge Christina Rümann vom Landestheater Erfurt mit wuchtiger Stimme als Königin der Nacht in der Rache-Arie prunkt. Eine stimmungsvolle, konzertante Aufführung, die sicher nichts für Puristen ist, aber umso mehr für alle, die Mozarts Musik lieben. Weitere Vorstellungen wären wünschenswert. In diesem Kontext ging das einleitende Klarinetten-Konzert von Mozart fast etwas unter, was dieses wunderschöne Stück eigentlich nicht verdient. Der Klarinettist François Benda, Professor an der Universität der Künste in Berlin, blies auf der Bassettklarinette, für die das Werk ursprünglich geschrieben wurde. Forsch eröffnet das Neue Kammerorchester, während die Klarinette eher dezent, zurückhaltend und etwas trocken spielt. Im Adagio gelingen subtile, innige, erregende Passagen, doch das allen Sätzen eingeschriebene Changieren zwischen Melancholie und Magie verläuft ohne solistische Eskapaden und so erscheint ein beinah stilles Werk – auch das kann eine neue Seite an Mozarts viel strapazierten Klassikern sein. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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