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Kultur: Beseelte Männer, virtuose Frauen Abschlusskonzert des Klaviermeisterkurses

Ein kleiner Wettstreit wirkt doch stets anregend, zumal im Sommer der Fußball-Weltmeisterschaft. Beim Finale der Edwin Fischer Sommerakademie für junge Pianisten war sogar erstmalig ein Preis des Publikums zu gewinnen.

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Ein kleiner Wettstreit wirkt doch stets anregend, zumal im Sommer der Fußball-Weltmeisterschaft. Beim Finale der Edwin Fischer Sommerakademie für junge Pianisten war sogar erstmalig ein Preis des Publikums zu gewinnen. Junge Musiker aus aller Welt zwischen 13 und 25 Jahren präsentierten hochkarätige Klavierstücke, fein geschliffen bei vier Tagen intensiver Arbeit mit Dimitri Bashkirov. Der agile 82-jährige Klavierprofessor aus Moskau, der privat der Vater der Pianistin Elena Bashkirova und Schwiegervater von Daniel Barenboim ist, spornte seine Schützlinge mit viel Energie und Humor an.

Die Konkurrenz ist groß und gerade auf musikalischem Gebiet werden seit jeher harte Wettkämpfe ausgetragen. Auch bei dem zunehmend beliebten Meisterkurs, den Alexander Untschi zum fünften Mal organisiert hatte, wurden von 50 Anmeldungen nur elf angenommen und davon kamen nur sieben ins Finale. So geriet die abendliche Veranstaltung in der Orangerie von Schloss Glienicke ganz wörtlich zu einem spannenden Konzert, denn auf Lateinisch heißt concertare miteinander wetteifern. Ganz überwiegend erklangen anspruchsvolle Kompositionen der großen Klaviervirtuosen des 19. Jahrhunderts. Dabei stand die pure Tastenlöwen-Artistik manchmal etwas zu sehr im Vordergrund.

Die drei Frauen hatten sich für ausgesprochen markante, dramatische Werke entschieden, die früher wohl das Adjektiv männlich erhalten hätten. Die amerikanische Pianistin Pallavi Mahidhara spielte den ersten Satz der fis-Moll-Sonate von Johannes Brahms mit eruptivem Duktus. Aliya Akbergenova meißelte die vertrackten, gravitätischen und wenigen lichten Passagen in Franz Liszts monumentaler Rhapsodie espagnole grandios heraus. Martialische Staccatoklänge, energische Rhythmen dominierten den ersten Satz von Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr. 5. Als Solistin agierte Varvara Nepomnyashchaya mit bravouröser Attitude und auf dem zweiten Konzertflügel souverän von Jaemin Shin begleitet. Nicht nur hier vibrierten die Trommelfälle manch eines Zuhörers wohl zu sehr. Ein Platz im hinteren Teil des kleinen Saals kam da gerade recht.

Es blieb zwei männlichen Kollegen vorbehalten, poetisch-beseelte Töne anzuschlagen. Mario Häring versenkte sich in die spätromantischen Tonwogen von Sergej Rachmaninows Moments musicaux mit viel Gespür für Klangfarben und Formen. Was Robert Neumann, 13 Jahre alt, bot, kann eigentlich nur mit dem altmodischen Begriff „Wunderkind“ beschrieben werden. Er spielte die erste Ballade von Frédéric Chopin verblüffend transparent und plastisch ausbalanciert.

Viel mehr Gestaltungskraft jedoch bedarf es, um Maurice Ravels fulminantes, vielschichtiges Fin-de-siècle-Werk La valse überzeugend zu interpretieren. Bei Alexander Sonderegger blieb es eine ambitionierte Kraftprobe, der der junge Pianist noch nicht ganz gewachsen war. Dagegen griff Asen Tanchev aus Bulgarien so vehement in die Tasten, als wollte er die Gitterstäbe eines Löwenkäfigs aufbrechen. Scheinbar spielerisch packte er die immensen Widerstände des ersten Satzes von Sergej Prokofiews Klavierkonzert Nr. 3 an und erhielt für seine überzeugende hochmusikalische Darbietung zu Recht den Publikumspreis. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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