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Kultur: Besinnliche Seeleneinkehr

Italienische Weihnachtsmusik in der Friedenskirche Sanssouci

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Italienische Weihnachtsmusik in der Friedenskirche Sanssouci Rennen, Hetzen, Kaufen, Klingeling. Dudelmusik auf Straßen und Plätzen, auf Märkten und in Warenhäusern. Das also soll Weihnachten sein? Die modernen Auswüchse des puren Schenkefestes prangerte auch der italienische Dichter Dino Buzzati (1906-1972) in seiner Novelle „Zuviel Weihnachten“ an. Es ist eine gesellschaftsentlarvende Geschichte, die Klaus Büstrin im Verlauf des besinnlichen Abends mit italienischer Weihnachtsmusik in der Friedenskirche vorliest. Dazu hatte Il Ponte, die Brandenburgische Gesellschaft der Freunde Italiens e.V., eingeladen. Viele folgten der Verlockung, die adventliche Zeit des Besinnens und der Vorfreude auf die Geburt Jesu in passendem Rahmen auf sich wirken zu lassen. Wie in jener Erzählung, wo von den Wanderungen der Seelen des Esels und des Ochsen, die in der Krippengeschichte mit von der Partie sind, die Rede geht. Es hört sich höchst witzig und kritisch an, weil entsprechend vorgetragen, wie beide mit der weihnachtlichen Hektik der Konsumgesellschaft in Konflikt geraten. Und so sehnen sie sich in die Abgeschiedenheit jener Herberge zurück, in der die Mutter eines armen Zimmermanns ihr Kind gebären wollte. „Der Herbergswirt“, so eine weitere vorgelesene Geschichte von Piero Bargellini (1900-1972), erinnert sich, wie er dem Paar deren Bitte um Nächtigung in seiner gut frequentierten Viersterne-Karawanserei vor den Toren Bethlehems verweigerte. Überaus plastisch beschreibt der Autor das Gedränge, die gastronomischen Angebote und das Quartiermanagement. Mit poetischer Eindringlichkeit vorgelesen, kann der Hörer tief in die Vergangenheit eindringen. Nachdenklichen Sinns wird er in die Gegenwart entlassen. Die erfüllt ihn weitgehend mit genügsamen Melodien, deren schlichter, von gleichsam kindlicher Naivität erfüllter Ausdruck entsprechend vorgetragen wird. Kurzfristig für den erkrankten Matthias Jacob eingesprungen, gibt Inge Lindner an Cembalo und Orgelpositiv der klug zusammengestellten Programmfolge die sichere Fassung. Es beginnt mit der prunklos herbeigesungenen Aufforderung „Venite fedeli“ (Kommt herbei, ihr Gläubigen) von di Ignoto über die Beschreibung der Geburt Christi „Hodie Christus natus est“ von Ludovico da Viadana bis zur volkstümlichen Weihnachtsbotschaft „Farmarono i cieli“. Thomas Wittig lässt sie und anderes mit der Kraft und wohllautenden Kontur seines lyrischen Bassbaritons erklingen. Ebenfalls zur einfachen Orgelbegleitung stimmt Christine Wolff u. a. drei Arien aus dem „Magnificat“ von Vivaldi an. Leicht und lieblich bewegt sie sich in lichten Höhen. Wie gut beide Stimmen zusammenklingen, beweisen sie abschließend in zweifachem Gesang. Gemeinsam agieren auch Cembalistin Inge Lindner und Geiger Bela Papp, die eine g-Moll-Sonate von Giuseppe Tartini (1692-1770) und eine in e-Moll von Francesco Maria Veracini (1690-1768) spielen. In den langsamen Sätzen breiten sich pastorale Stimmungen aus, wobei der klare Ton der Violine nur stützakkordische Begleitung durch das Cembalo erhält. Die durch die Komponisten gewährten Chancen zur Entfaltung von saitenbrillanter Bravour bleiben weitgehend unerfüllt. Die Veracinische Piece ist gar mit einem Mantel aus geigerischer Zärtlichkeit umhüllt, der jedoch nicht immer „knitterfrei“ zur Schau gestellt wird. Die nachdenklich stimmende Seeleneinkehr wird dadurch kaum beeinträchtigt.Peter Buske

Peter Buske

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