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Von Dirk Becker: Best-of-Stücke eines Stilbildners

Die Kleine Cammermusik eröffnet „Harmonia Mundi – Musica Coelestis“ mit „Geistlichen Concerten“

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Wolfgang Hasleder spricht von einer „bequemen Angelegenheit“, wenn es um das erste Konzert in der diesjährigen Reihe von „Harmonia Mundi – Musica Coelestis“ geht. Seit 2009 bietet der Potsdamer Violinist unter diesem Motto zusammen mit seinem Ensemble Kleine Cammermusik pro Jahr vier Konzerte im Bürgerhaus am Schlaatz und in der Friedenskirche an. Musik vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, gespielt auf historischen Instrumenten. Und wer nur einige dieser Konzerte besucht hat, weiß, dass Hasleder, der auch die Venezianische Nacht in der Friedenskirche organisiert, sich bei der Programmauswahl weniger für bekanntes, sondern vor allem für ein noch zu entdeckendes Repertoire interessiert. Aber vielleicht will Wolfgang Hasleder im dritten Jahr von „Harmonia Mundi – Musica Coelestis“ doch mehr das gefällig Bekannte und Bequeme bedienen?

Hasleder schüttelt nur kurz den Kopf und zeigt auf den Programmzettel für die „Geistlichen Concerte“, die am Freitag im Bürgerhaus am Schlaatz und am Sonntag in der Friedenskirche zu erleben sind. „Unser erstes Konzert widmet sich dem Berliner Kantor am Joachimsthal’schen Gymnasium und Dommusikdirektor Johann Havemann (1624-1697). Ihm verdanken wir eines der ersten gedruckten Zeugnisse brandenburgischer Kirchenmusikpflege“, steht dort geschrieben. Doch so sehr man auch das eigene Gedächtnis bemüht, der Namen Johann Havemann ist einem nicht bekannt.

„Das ist nun wirklich nicht ungewöhnlich“, sagt Wolfgang Hasleder. Denn von Havemanns Sammlung lateinischer Psalmvertonungen hervorragender italienischer Komponisten, erschienen 1652 in Berlin und gewidmet dem Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, sei noch nicht viel dem heutigen Publikum vorgestellt worden. Und das, so Hasleder, obwohl vor zwei Jahren im Berliner Ortus-Musikverlag ein Reprint von „Erster Theil Geistlicher Concerten“ mit 30 Konzerten in lateinischer Sprache für eine bis sieben Vokal- und Instrumentalstimmen mit Basso continuo erschienen ist. „Eine sehr verdienstvolle Arbeit“, sagt Hasleder. Die aber nicht die nötige Beachtung fand. Für die Konzerte am Freitag und Sonntag hat Hasleder nun auf diese Wiederveröffentlichung aus dem Ortus-Verlag zurückgegriffen. Eine „bequeme Angelegenheit“, wie er sagt. Mit der er sich und seiner Reihe aber treu bleibt und so den Zuhörer weiterhin zu musikalischen Entdeckungen einlädt.

Sopranistin Doerthe-Maria Sandmann und Mezzosopranistin Kristiina Mäkimattila werden begleitet von Rahel Mai und Wolfgang Hasleder an den Violinen, von Kathrin Sutor auf der Gambe, Sabine Erdmann auf dem Cembalo und Andreas Arend auf der Laute. Die Psalmvertonungen unter anderen von Giovanni Antonio Rigatti und Alessandro Grandi, Simon Vesi und Giovanni Rovetta werden durch Instrumentalstücke anderer italienischer Komponisten ergänzt. Ein Programm, so Hasleder, wie man sich eine musikalische Vesper in Brandenburg vor 350 Jahren vorstellen könnte. Die Komponisten, die Johann Havemann in „Erster Theil Geistlicher Concerten“ zusammengetragen hatte, waren zu ihrer Zeit sehr einflussreich gewesen. „Havemann hat sie für seine Sammlung nach musikalischen Aspekten ausgewählt. Das sind sozusagen Best-of-Stücke, die wir hier versammelt finden“, sagt Hasleder. Mit seinem Gespür für diese Kompositionen, die wegen ihres Anspruches in den gehobenen Kreisen des Adels von hervorragenden Musikern aufgeführt wurden, habe sich Havemann als innovativer Hofmusikus und Stilbildner der Berlin-Brandenburgischen Kirchenmusik ausgewiesen. „Für den Vortrag in den Kantoreien der Dorfkirchen war das nicht gedacht.“

Neben den „Geistlichen Concerten“ aus der Sammlung Havemann plant Wolfgang Hasleder in diesem Jahr weitere Konzerte mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart, Paul und Anton Wranitzky, Flötenkonzerten von Johann Joachim Quantz und mit Klavierkompositionen von Beethoven und Louis Ferdinand, Prinz von Preußen. Neu im dritten Jahr von „Harmonia Mundi – Musica Coelestis“ ist der Sonntag als Konzerttag. Fanden die Auftritte in den vergangenen zwei Jahren in der Friedenskirche am Samstagabend statt, hat sich Hasleder nun für den Sonntagnachmittag entschieden. Er hofft, dass so vielleicht mehr Gäste den Weg zu den eindrucksvollen Konzerten in die Kirche finden. „Im Bürgerhaus am Schlaatz haben wir mittlerweile ein Stammpublikum von 20 bis 30 Gästen“, sagt Hasleder. Vor jedem Auftritt im Bürgerhaus gibt Hasleder eine Einführung in das jeweilige Programm. Denn Ziel von „Harmonia Mundi – Musica Coelestis“ sei es, neben dem etablierten Konzertort Friedenskirche die Musik auf historischen Instrumenten auch an Orte zu bringen, die sich sozial und kulturell bislang eher am Rande befinden würden. „Wir wollen zeigen, dass die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts nicht auf einen verstaubten Sockel gehört, sondern heute zu allen Bevölkerungsschichten sprechen kann“, so Hasleder.

Hasleder hat sich durch den Wechsel vom Samstag auf den Sonntag auch dazu entschlossen, das an die Konzerte in der Friedenskirche anschließende „Nachtgespräch“ aufzugeben. „Ich werde jetzt zwischen den Stücken kurze Einführungen geben.“ Hasleder hofft, dass durch diese lockere Verbindung von Konzert und Erklärung der überschaubare Liebhaberkreis endlich größer wird. Denn für das Ensemble Kleine Cammermusik wird dieses Jahr entscheidend sein. „Es wird sich so also zeigen, ob unsere Reihe, die nur zum Teil durch Fördergelder finanziert wird, auch noch im kommenden Jahr weitergeführt werden kann“, sagt Wolfgang Hasleder.

„Geistliche Concerte“ in der Reihe „Harmonia Mundi - Musica Coelestis“ am Freitag, 11. Februar, um 18.30 Uhr im Bürgerhaus am Schlaatz und am Sonntag, 13. Februar, um 17 Uhr in der Friedenskirche. Der Eintritt in der Friedenskirche kostet 16, ermäßigt 10 Euro. Weitere Informationen unter www.cammermusik-potsdam.de

Dirk Becker

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