Kultur: Besuch aus Hessen
Neun Mitglieder des BBK Frankfurt am Main zeigen Arbeiten in der Galerie „M“ des BVBK
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Neun Mitglieder des BBK Frankfurt am Main zeigen Arbeiten in der Galerie „M“ des BVBK In Berlin steht man sich vor der Neuen Nationalgalerie die Beine in den Bauch. Ein Kritiker lästerte schon: „Jede Oma geht zum MoMA“. In Potsdam sind in der Galerie „M“ derweil Arbeiten zu besichtigen, die einen nicht ganz so weiten Weg hinter sich haben. Nachdem BVBK-Mitglieder bereits im Frühjahr in Frankfurt ausstellten, zeigen jetzt neun Mitglieder des hessischen BBK ihre Werke in einem Gegenbesuch. Der Entfernung ist wohl geschuldet, dass alle Arbeiten 30 Zentimeter im Quadrat messen. Der Ausstellungstitel lautet entsprechend „30 x 30“. Das simple Konzept verspricht nur jüngste Arbeiten zu präsentieren, ohne die Beteiligten durch thematische Vorgaben übermäßig einzuengen. Es entstanden 44 Werke in Malerei und Fotografie, Materialcollage und Grafik. Und bemerkenswert beim Überblick der Biografien, dass unter den hessischen Verbandskünstlern sich nur ein Drittel frei schaffend nennen kann. Petra Boßhammer studierte an der Frankfurter Goethe-Universität Rechtswissenschaften, bevor sie vor gut zehn Jahren über den BBK und weitere Stationen zu Druckgrafik und Zeichnung fand. In hellgrünem Siebdruck auf rotem Papier hat sie das ruhevoll-geschäftige Treiben im „Intercity-Café“ des Hauptbahnhofs eingefangen. Ein Abbild, wie sie selber ironisch bemerkt, moderner Gemütlichkeit. Als studierte Kunsterzieherin hatte es Marion Dörre nicht ganz so weit zum eigenen Arbeiten. Ihre Bilderfolge zeigt, so auch der Titel, „Flüchtige Begegnungen“ von lichten Gestalten in ort- und zeitlosen Räumen, mystisch anmutend durch eine an Chagall orientierte Farbigkeit. Die ausgebildete Keramikerin Gabrielle Hattesen, seit 1994 arbeitet sie ausschließlich mit Papier, hat in Kästchen Papiere aus dem alltäglichen Gebrauch montiert. Was sagt uns, dass sie ihre Materialcollagen „Behind bars“, „Hinter Gittern“ betitelte? Gisa Hillesheimer, die auch die typographisch ansprechende Einladung schuf, hat für ihre „Kompositionen“ mit Makrofotografie der Natur nachgespürt. Bemerkenswert, dass die studierte Filmemacherin eine manuelle Kamera zur Hand nahm und auf digitale Nachbearbeitung verzichtete. Mit der organischen Natürlichkeit dieser Arbeiten kontrastieren die titellosen, interessanten Kohle-Kreide-Bilder Hans Dieter Junkers. In surreal anmutenden Situationen steht der immer gleiche Mann in immer gleicher Kleidung und in immer gleicher Frontalität vor diversen Landschaften. Nur in seinem Gesicht sind geringste mimische Veränderungen abzulesen. An den ebenfalls titellosen Holzschnitten Sybille Koch-Grünbergs ist ihre druckgrafische Ausrichtung ablesbar. Nach Schriftsetzerlehre und Grafikstudium arbeitet sie nach Jahren als Übersetzerin erst seit 1999 druckgrafisch und stellt seit einigen Jahren auch aus. Ihre zeichenhaften Drucke spielen mit Abbild und Abstraktion, Realität und Imagination. Auf eine lange Ausstellungstätigkeit kann die gebürtige Polin Bärbel G. Mühlschlegel zurückblicken. Gemessen daran und an ihren einschlägigen Studien seit den 1970er Jahren, u.a. in New York, wirken ihre Fotografien auf Leinwand suchend und kraftlos. Mit der „It“s my way oder Schatten im Licht“ betitelten Serie will sie die wichtigen künstlerischen Elemente Licht und Schatten thematisieren. Die Arbeiten Beate Thierlings, die als Kunstschullehrerin tätig ist, wirken wie Materialcollagen, bestehen aber aus Filz und Enkaustik auf Holz. Bei dieser seltenen Technik werden Farbpigmente mittels Wachs auf dem Bildträger fixiert. Stärker als bei Öl oder Eitempera liegt der Reiz in der Materialität des Malmittels. Das von Latotse entlehnte Zitat „Oh, so unergründlich, vielleicht der Ursprung der zehntausend Dinge“, mit dem die Serie betitelt ist, öffnet einen Zugang, lässt den geneigten Betrachter ein urzeitliches Chaos oder eine bildkünstlerische Werkentstehung sehen. Die ruhigsten Arbeiten zu der formal ohnehin unaufgeregten Ausstellung trug Johannes Westenberger, frei schaffend und in der Erwachsenenbildung tätig, mit seinen lavierten Tusche-Rohrfeder-Handzeichnungen, betitelt „Landschaft“, bei. Ihn fordere, so Westenberger, bei diesem Bildgegenstand heraus, das gesehene, wahrgenommene, erlebte und schließlich erkannte Land so weit zu abstrahieren, dass er es mit Punkt, Linie und Fläche darstellen kann. Seine von Horizonten bestimmten Arbeiten wirken wie asiatische Tuschen, evozieren buddhistische Koans. Hier wie in der ganzen Potsdamer Schau zeigt sich ein weiterer Unterschied zum Berliner MoMA-Event: Man findet die Muße zum Betrachten. Götz J. Pfeiffer bis 13. Juni, Mittelstraße
Götz J. Pfeiffer
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