Kultur: Bewegliche Königin
Auftakt des Internationalen Orgelsommers in der Erlöserkirche mit Torsten Laux
Stand:
Zupackend begann das Spiel. Die Schuke-Orgel in der Erlöserkirche ist an diesem Mittwochabend stark gefordert, nicht nur beim eingangs musizierten Präludium und Fuge über B-A-C-H von Franz Liszt. Der Düsseldorfer Organist und Professor für künstlerisches Orgelspiel Torsten Laux hat für sein Potsdamer Konzert ausschließlich Werke der Romantik und Spätromantik gewählt. Neben Franz Liszt kam Musik von August Gottfried Ritter sowie Alexandre Guilmant zu Gehör. An dem neobarock disponierten Instrument hat Laux eindrucksvoll die farbigen und dynamischen Möglichkeiten des Instruments genutzt, um den Klangsprachen der Romantik gerecht zu werden.
Der Konzertabend war der Auftakt zum Internationalen Orgelsommer, der in diesem Jahr zum 21. Mal stattfindet und wöchentlich einmal abwechselnd in der Erlöser- und der Friedenskirche Organisten aus aller Herren Länder auf die Orgelbank ruft. Bis 2010 wurde dieses erfolgreiche Festival von der Landesregierung gefördert, seit diesem Jahr leider nicht mehr. Initiator und Organisator Kirchenmusikdirektor Matthias Jacob berichtete, dass nunmehr eine private Förderin, Inge Tradowsky-Thal, dankenswerterweise in die Bresche gesprungen sei. Somit konnte der Internationale Orgelsommer in seine neue Saison gehen. Die wird von einem Jubilar geprägt, der einer der prominentesten Klaviervirtuosen sowie einer der produktivsten Komponisten des 19. Jahrhunderts war: Franz Liszt. In sieben von insgesamt zwölf Konzerten gibt es anlässlich seines 200. Geburtstags einen Einblick in das vielfältige Orgelmusikschaffen des Meisters, das auch mit Transkriptionen von Werken Bachs aufwartet.
Torsten Laux spielte am ersten Abend, der leider mit Längen behaftet war, fünf Stücke von Franz Liszt. Dessen hoch verehrter Impulsgeber war kein Geringerer als Bach. Besonders beeindruckend, wie der Düsseldorfer Organist die Variationen über den Basso continuo zur Kantate „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ musizierte, nicht zuletzt aufgrund seiner herausragenden Registrierkunst sowie durch eine ausgefeilte Dynamik, auch wie er in diesem komplexen Werk Spannung aufbaut und hält. Natürlich dienen ihm die Variationen zu attraktiven Farbspielen aus der chromatischen Motiv-Struktur, die er zu orchestraler Kraft entwickelt. Ein magischer Moment stellte sich ein, als sich nach so manchen klanglichen Gewitterstürmen berührend schlicht der Choral „Was Gott tut, das ist wohlgetan“ anhob. Da zeigte sich Laux‘ intellektuelle wie gestalterische Größe.
August Gottfried Ritter, auch er vor 200 Jahren geboren, war unter anderem Organist am Magdeburger Dom und Komponist. Laux wählte für das Erlöserkirchen-Konzert von Ritters fünf Sonaten die dritte, der eine gewisse Nähe zur Ästhetik Liszts nicht abzusprechen ist. Bei allem Zugriff, aller Emotion kamen Plastizität und feinfühliger musikalischer Ausdruck des Organisten auch hierbei so wunderbar zum Ausdruck. Nicht anders bei der Sonate Nr. 3 des Franzosen Alexandre Guilmant, dessen 100. Todestag in diesem Jahr gedacht wird. In diesem Werk kam der romantisch-sinfonische Orgelstil zum Tragen, doch auch die transparente Durchhörbarkeit, bei der sich Guilmant an barocken Meistern orientierte. Torsten Laux wusste auch hierbei immer den Spannungsbogen zu halten und die grandiose Architektur der Sonate sinnfällig zu gestalten. Der Organist bot insgesamt kein virtuoses Schaulaufen, sondern ordnete seine brillante Technik der musikalischen Aussage unter. Der Auftakt des Orgelsommers machte bereits deutlich: So enorm beweglich kann die „Königin“ sein. Klaus Büstrin
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: